Berlin. Der Staat setzt der unternehmerischen Freiheit in letzter Zeit engere Grenzen. Nun ist sogar ein sogenanntes Lieferkettengesetz geplant. Dieses soll Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in anderen Ländern in die Pflicht nehmen. Doch führt das überhaupt zum gewünschten Ziel?

Die Industrie sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt

Eine staatliche Erhebung hatte ergeben, dass deutlich weniger als die Hälfte der großen Unternehmen „angemessen“ mit ihrer Sorgfaltspflicht in den Lieferketten umgehen. Aus Sicht der Industrie ein unhaltbarer Befund, sie sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

Die Methodik der Studie sei falsch, so die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und andere Dachverbände in einer gemeinsamen Erklärung. Denn durchs Raster fielen Betriebe dabei schon, wenn sie nur eines von 37 Kriterien nicht erfüllten. Das sei, „als würde man nur Schülern mit der Note eins plus ein erfolgreiches Abitur bescheinigen“, heißt es in der Erklärung.

Deutsche Unternehmen: Auch im Ausland als Arbeitgeber sehr gefragt

Und die Verbände stellen klar: „Deutsche Unternehmen engagieren sich – auch weltweit – und tragen im Ausland zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu Wachstum und Wohlstand bei.“ Nicht umsonst seien deutsche Arbeitgeber weltweit unter Arbeitnehmern höchst gefragt.

Dafür liefern einige Studien handfeste Belege. In einer Umfrage des Personaldienstleisters Randstad gaben 74 Prozent der befragten deutschen Industrieunternehmen an, dass sie sich selbst Leitlinien in sozialer Verantwortung auferlegt haben. Soziales und ökologisches Engagement wirken sich positiv auf die Geschäfte aus, das ergaben mehrere Studien, etwa von der Unternehmensberatung Boston Consulting.

Nationale Regierungen stärker in die Pflicht nehmen

In der Wirtschaft ist man sich zudem einig, dass kein Unternehmen für das Verhalten unabhängiger Dritter im Ausland in formale Haftung genommen werden darf – was sogar den Regeln der Vereinten Nationen widersprechen würde.

Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), sagt dazu: „Vor dem Hintergrund globaler Wertschöpfungsketten würde es zu kurz greifen, die Verantwortung im Ausland einseitig an deutsche Unternehmen zu delegieren.“

Viele Unternehmen haben weit mehr als 10.000 Lieferanten: Zum Beispiel Autohersteller

Die deutsche Wirtschaft ist so stark in internationale Märkte und Wertschöpfungsketten eingebunden wie nur wenige andere Volkswirtschaften. Allein im Jahr 2019 importierte sie Vorprodukte im Wert von 606 Milliarden Euro. Autohersteller haben zum Teil mehr als 10.000 Lieferanten weltweit.

Nationale Regierungen müssten dafür verantwortlich gemacht werden, „Menschenrechte in ihren Staaten ohne Wenn und Aber durchzusetzen“, so Lang. Dafür müssten Politik und Wirtschaft Lösungen gemeinsam finden.