Allendorf (Eder)/Frankfurt/Wetzlar/Bensheim/Obertshausen. Geführte Wartungsarbeiten an einem Roboter im Viessmann-Stammhaus in Allendorf Eder: Pia Mattner, Jahrespraktikantin der örtlichen Fachoberschule, bekommt die dafür notwendigen Anweisungen über eine Microsoft Hololens.
Die vernetzte Brille verschmilzt reale und virtuelle Welt. Mattners Auge ist der Cursor auf dem Wartungsplan, der in ihr Sichtfeld projiziert wird. Mit der Hand kann sie blättern, Bilder heranzoomen oder einen Haken setzen, wenn eine Aufgabe erledigt ist. Wird es besonders knifflig, bittet sie einen Kollegen um Hilfe, der ihr dann weitere Informationen ganz gezielt einspielen und sie auch durch die Wartung führen kann.
Mit dem Einsatz der Hololens haben die Viessmann-Werke Augmented Reality (AR) in der Produktion gestartet. Noch ist das Engagement im Entwicklungsstadium im Rahmen von Industrie 4.0 und nicht Bestandteil der täglichen Arbeit. Bei der Installation eines Prüfwerks im Werk Dachang in China wurde durch die neue Technologie jedoch schon der Reise- und Personalaufwand erheblich reduziert, weil Experten von Allendorf aus ihre Kollegen in China unterstützen konnten.
Wertschöpfung durch Industrie 4.0 gelingt nur mit motivierten und qualifizierten Mitarbeitern
Der Einsatz der vernetzten Brillen ist nur ein Beispiel von vielen, die zeigen, wie intensiv die Unternehmen der hessischen Metall- und Elektro-Industrie die vielfältigen Möglichkeiten der Digitalisierung bereits nutzen.
So zählen zu den Produkten des Automobilzulieferers Continental Automotive Entwicklungen, die die Kommunikation zwischen Mensch und Auto sowie Auto und Auto eröffnen. Dazu gehören Radar und Abstandswarner für Fahrerassistenzsysteme oder auch Head-up-Displays, die alle für das Lenken des Fahrzeugs relevanten Daten wie Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Bremsweg direkt ins Sichtfeld des Fahrers rücken.
In der Produktion arbeiten Roboter nicht in Käfigen, sondern direkt neben und vor allem mit den Menschen, wodurch Produktivität und Effizienz am Standort gesteigert werden.
Buderus in Wetzlar bietet Fachfirmen schon seit Jahren ein Online-Portal an, über das die internetfähigen Heizungsanlagen ihrer Kunden aus der Ferne überwacht werden können. Störungen lassen sich so schneller feststellen und wieder in Ordnung bringen, da das System sogar anzeigt, wie der Fehler behoben werden kann, wie lange die Reparatur voraussichtlich dauern wird und welche Ersatzteile dafür nötig sind.
Dentsply Sirona, Technologieführer und weltweit größter Hersteller von Dentalprodukten, sorgt mit seinem Werk in Bensheim dafür, dass die Digitalisierung in Zahnarztpraxen Einzug hält, etwa mit 3-D-Röntgen und einem CAD/CAM-System, das Zahnersatz wie Kronen in nur einer Sitzung möglich macht: dank Videokamera, die die entsprechenden Zähne abfilmt und damit die Datenbasis liefert, mit der der Zahnarzt am PC den exakt passenden Ersatz konstruiert und anschließend gleich in der Praxis herstellt.
Auch in den Prozessketten des Werks ist die Digitalisierung ein wichtiges Thema, um schneller und flexibler zu werden und nicht zuletzt Kosten zu senken, etwa in der Logistik.
Dort werden längst keine Produktionsteile mehr gehortet. Dank Datenverarbeitung werden in Bensheim an den Produktionslinien nur noch für eine Produktionszeit von gerade mal sechs Stunden Teile vorgehalten. Für den zeitgerechten Nachschub sorgt ein komplett vernetztes Computersystem. „Wer konkurrenzfähig bleiben will, muss auf Digitalisierung setzen und braucht Mitarbeiter, die mitdenken, Ideen entwickeln, die Technik beherrschen und die auch in der Lage sind, sich an die Optimierung der Prozesse anzupassen“, ist Gregor Walter, Personalchef am Standort Bensheim, überzeugt.
Auch Wolf Matthias Mang, Geschäftsführer des traditionsreichen Maschinenbauzulieferers Arno Arnold in Obertshausen und Vorstandsvorsitzender des Arbeitgeberverbands Hessenmetall, glaubt nicht an menschenleere Fabriken durch die Digitalisierung. „Exzellente Wertschöpfung durch Industrie 4.0 wird nur möglich mit qualifizierten und motivierten Mitarbeitern sowie Führungskräften, die das Wissen und die Ideen anderer organisieren, koordinieren und einsetzen“, betont der Unternehmer.
Für ihn steht fest: „Digitalisierung funktioniert nur mit smarten Fabriken, die erst in der Zusammenarbeit von Mensch und Roboter intelligent werden.“
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