Witten. Der Unterschied könnte größer nicht sein. Bei Lohmann unten an der Ruhr wummert das Warmwalzwerk, glüht der Stahl, packen mächtige Greifarme nach dem Metall. Nur wenige Hundert Meter weiter bergauf geht der Blick über grüne Felder, Pferde traben über die Wiese, Hühner gackern. Für Frederik Finkensiep gehört das zusammen. Der 19-Jährige pendelt zwischen zwei Welten: von halb sechs am Morgen bis zwei Uhr am Nachmittag Stahlwerk, nach Feierabend Bauernhof.

Was beides verbindet, ist seine Leidenschaft für Maschinen. „Die ist angeboren“, grinst der junge Mann, der bei Friedr. Lohmann in Witten Industriemechaniker lernt. Eigentlich wollte er Landmaschinentechniker werden. „Aber dafür gibt es hier in der Gegend keine Lehrstellen“, erklärt er.

Mit zehn, zwölf Jahren hat er auf dem elterlichen Hof die ersten alten Landmaschinen repariert. „Da war was kaputt, die Werkstatt aber teuer. Also habe ich das einfach mal probiert“, erzählt Frederik. Und es klappte. Trecker, Mähwerke, Bodenbearbeiter – der talentierte Junge bekam sie alle wieder flott. Von einem seiner Erfolge, einem kleinen roten Traktor der Marke International Harvester Co, Baujahr 1967, machte er Fotos. Die Idee der Tante, sich damit zu bewerben, hatte einen durchschlagenden Erfolg. Neun Bewerbungen, lauter Zusagen.

„Die Fotos haben uns schon sehr beeindruckt“, berichtet Thomas Wagner, Ausbildungsleiter bei Friedr. Lohmann: „So etwas hatten wir zum ersten Mal dabei.“ Mit Personalleiter und Chef war er sich schnell einig, dass man den Jungen mit dem Händchen für Maschinen haben wollte. Und sie hatten Glück: Frederik entschied sich für die Lohmänner.

Wie die anderen 16 Azubis verbrachte er das erste Jahr in einer überbetrieblichen Ausbildungswerkstatt, wo er sich jetzt auch auf seine Abschlussprüfung vorbereitet. In den zwei Jahren dazwischen hat er verschiedene Abteilungen des Unternehmens kennengelernt, das Spezial- und Edelstähle produziert.

Viele Aufgaben warten am komplexen Warmwalzwerk

Herzstück ist das Warmwalzwerk. Hier werden die Bleche kreuzgewalzt, das Ergebnis ist ein besonders geschmeidiger und schnittfester Stahl, aus dem unter anderem Hochleistungsmesser und Sägen gefertigt werden.

Die entsprechende Produktionsanlage ist komplex, und es gibt immer was zu tun: Wartung, Reparaturen, ausgebaute Teile überholen. Das ist ganz nach Frederiks Geschmack, der nach Abschluss seiner Lehre wahrscheinlich daran arbeiten wird. „Wir haben moderne Technik, wo der Laptop zum Einsatz kommt“, erklärt Ausbildungschef Wagner: „Aber es gibt auch noch viel alte Schrauber-Technik. Dafür braucht man technisches Gefühl.“

Zum Restaurieren alter Landmaschinen kommt Frederik Finkensiep kaum noch. Vor zwei Jahren hat er den Hof vom Vater übernommen, der ihn jetzt als Rentner unterstützt. 25 Hektar Acker- und Grünland sowie 15 Pensionspferde gilt es zu versorgen; dazu kommt einiges an Büroarbeit. „Es ist ein Zuverdienst. Um davon gut leben zu können, ist der Betrieb zu klein“, erzählt der junge Feierabend-Landwirt. Den Hof aufgeben, war, trotz der vielen Arbeit, aber keine Option. Schließlich wird er seit sieben Generationen von der Familie bewirtschaftet. Auch da wird man hineingeboren.