Berlin. Da staunt der Laie: Nur ein Tritt in die Pedale des hier gezeigten Drahtesels lässt Ulrike Döbrich extrem weit rollen. Das liegt weniger an den Muskeln der Marketing-Mitarbeiterin von Brose Antriebstechnik Berlin als an Hightech im Rahmen des Fahrrads: Dort sitzt ein Elektromotor, der das Treten unterstützt.

Döbrich mag ihr E-Bike nicht mehr missen. Sie nutzt es für die Fahrt zur Arbeit, beim Einkaufen, zum Freizeitradeln. Damit liegt sie im Trend – und davon profitiert ihre Firma: Seit Produktionsbeginn 2014 haben mehr als 100.000 Motoren das Werk verlassen, in dem ansonsten etwa Kühlerlüftermodule, Lenkungsantriebe oder Heizungs- und Klimagebläse fürs Auto produziert werden.

Der leichte Motor lässt sich variabel einbauen

3,4 Kilo leicht ist der E-Bike-Motor, er hat eine Leistung von 250 Watt, und er ist unerhört leise. Auch, weil im Antrieb statt einer Kette ein Zahnriemen verwendet wird. „Der Motor ist so konstruiert, dass der Einbau in jeder Lage im Rahmen möglich ist“, erklärt E-Bike-Fertigungsleiter Roman Misch. Zudem sei der Antrieb so konstruiert, dass er mit Akkus und Displays verschiedener Hersteller kombiniert werden könne.

Aktuell sind 50 Mitarbeiter im Werk mit Entwicklung, Produktion und Vertrieb dieses Antriebssystems beschäftigt. In der Fertigung erledigt ein exakt arbeitender Automat die komplizierte Wicklung am Stator, der für die Leistung des Motors entscheidend ist. Die Montage allerdings wird aus Qualitätsgründen von erfahrenen Facharbeitern per Hand erledigt.

Und sie ist so getaktet, dass die Stückzahl innerhalb kürzester Zeit variiert werden kann. Wohl vor allem nach oben – dafür sprechen die Marktdaten des Fachverbands ZIV: 2014 wurden 480.000 E-Bikes in Deutschland verkauft, 2016 schon etwa 560.000!

Experten erwarten, dass der rasante Zuwachs anhält. Auch bei Brose: „Unsere Produktion wird 2017 deutlich steigen“, sagt Joachim Volland, Chef des E-Bike-Geschäfts in Berlin. Aber warum kümmert sich eigentlich ein Automobilzulieferer überhaupt um Elektrofahrräder? „Brose hat einerseits das Know-how dafür – und andererseits die Zeichen der Zeit richtig erkannt“, erläutert Volland. Das Unternehmen ist Spezialist in Sachen Mechatronik-Systeme für Fahrzeugtüren und -sitze sowie E-Motoren im Auto. Als sich Brose-Ingenieure dann ab 2010 dem E-Bike zuwandten, entwickelten sie den neuen Antrieb auf Basis eines Pkw-Lenkungsmotors.

Mehr zum Thema

Produktion nach hohen Standards

Der Erfolg kam rasch, was Volland so begründet: „Wir fertigen Qualität in Deutschland und produzieren nach den hohen Standards der Automobil-Industrie.“ Zum Produkt kommen Dienstleistungen – aktuell steht der Ausbau des Services für die Händler an.

Und auch am Antrieb selbst wird weiter getüftelt: Die Software soll noch besser werden – und der ganze Motor noch leichter.