Die Diskussion in der dritten Verhandlungsrunde war „offen“ – aber eine Einigung erzielten die Tarifpartner in der Tarifrunde der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie (M+E) noch nicht. Der Arbeitgeberverband vbm und die IG Metall Bayern hatten sich in München zu weiteren Gesprächen getroffen – doch die IG Metall ist nicht von ihrer bisherigen Forderung abgerückt.

Angelique Renkhoff-Mücke, Tarif-Verhandlungsführerin auf Seiten des vbm, bedauerte dies angesichts der schwierigen Konjunkturlage, in der sich die bayerische M+E-Industrie befindet: „Der Beschäftigungsrückgang beschleunigt sich. Seit Jahresanfang gingen 7.500 Arbeitsplätze in der bayerischen M+E Industrie verloren. Fast in jedem Unternehmen sollen Mitarbeiter abgebaut werden. Allein im August waren es 2.000 Arbeitsplätze“, erklärte Renkhoff-Mücke. „Derzeit finden in Bayern Verhandlungen über den Abbau von insgesamt rund 19.000 Stellen statt. Zur Disposition stehen noch deutlich mehr Arbeitsplätze und Schließungen von Standorten, womit insgesamt der Verlust von zehntausenden Arbeitsplätzen in Bayern droht.“

Die hohe Entgeltforderung der IG Metall sei in diesem Kontext kontraproduktiv, da ein zu hoher Abschluss diese negative Entwicklung nur beschleunigen würde. Von der Gewerkschaft wünscht sich die Verhandlungsführerin mehr Entgegenkommen: „Wir hätten uns gewünscht, dass die IG Metall unser tragfähiges und substanzielles Angebot als Ausgangslage für eine Annäherung versteht. Die gestern gestarteten Warnstreiks und die heutige Verhandlung haben leider das Gegenteil bewiesen.“

Die bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeber haben noch in der Friedenspflicht ein gutes und faires Angebot vorgelegt: Es sieht eine Tabellenerhöhung in Höhe von 3,6 Prozent bei einer Laufzeit von 27 Monaten in zwei Stufen vor. Zum 1. Juli 2025 sollen die Tabellen um 1,7 Prozent und zum 1. Juli 2026 um weitere 1,9 Prozent steigen. Die dauerhafte automatische Differenzierung und deren Ausweitung sind ebenso Bestandteil des Gesamtpakets wie die einmalige überproportionale Erhöhung der Ausbildungsvergütungen und der tariflichen Anpassung der Freistellungszeit. Letzteres wurde in einer Arbeitsgruppe vorbereitet.

Die Gespräche gehen weiter. Man werde die nächste Zeit nutzen, um zu sondieren, inwieweit sich die Tarifparteien annähern können, so Renkhoff-Mücke.

Faktencheck zur Tarifrunde: Was die IG Metall sagt – und wie die Arbeitgeber die Lage einschätzen

  1. IG Metall: „Die Lohnkosten sind mit 15 Prozent nur ein kleiner Faktor“
    Arbeitgeber: Die Rechnung ist unsauber! Sie betrachtet nur die Lohnquote, also die Personalkosten am Umsatz. Doch Umsatz ist noch kein Gewinn!
    Die echten Personalkosten, also die Bruttoentgelte an den Gesamtkosten, liegen bei rund 35 Prozent, in Einzelfällen auch deutlich darüber.
  2. IG Metall: „Die Auftragsbücher sind voll“
    Arbeitgeber: Die Auftragseingänge zeigen im Trend seit drei Jahren nach unten! Beispiel Bayern: In den ersten acht Monaten 2024 gingen die Aufträge um 7 Prozent zurück. Derzeit berichten bereits zwei Drittel der dortigen Firmen über einen Auftragsmangel.
  3. IG Metall: „Die Arbeitgeber können sich Entgeltsteigerungen leisten“
    Arbeitgeber: Das stimmt so nicht! Beispiel Bayern: Vier von zehn Unternehmen befinden sich in einer kritischen Ertragslage.
    10 Prozent von ihnen müssen mit einer Umsatzrendite von unter zwei Prozent auskommen, 13 Prozent rechnen für 2024 mit Verlusten. Der Flächentarif muss für alle tragbar sein. Nur mit Gewinnen können Unternehmen in den Standort D investieren.
  4. IG Metall: „Steigende Löhne steigern die Kaufkraft und kurbeln die Wirtschaft an“
    Arbeitgeber: Das ist ein Irrglaube! Hohe Entgeltsteigerungen würden dem Jobabbau Vorschub leisten und die Konjunktur weiter schwächen. 
    Zudem legen Menschen in Krisenzeiten mehr Geld auf die hohe Kante, statt es auszugeben. Die Löhne in der M+E-Industrie sind bereits auf Spitzenniveau.
    Und: die Inflation als Argument für kräftige Lohnsteigerungen gilt nicht. Sie ist längst wieder deutlich auf ein Normalmaß zurückgegangen.
  5. IG Metall sieht „eine Konjunkturschwäche“
    Arbeitgeber: Nein, da ist noch mehr. Deutschlands Industrie steckt in einer Rezession fest und befindet sich zusätzlich in einer strukturellen Krise.
    Die De-Industrialisierung ist längst in der Mitte unserer Industrie angekommen. Eine Trendumkehr zeichnet sich nirgends ab. Die M+E-Betriebe stehen unter enormen Druck!
    Produktion, Auftragseingänge und Auftragsbestände sinken kontinuierlich. Gleichzeitig steigen die Insolvenzen, die Kurzarbeit und die Arbeitslosigkeit.
Alix Sauer
Leiterin aktiv-Redaktion Bayern

Alix Sauer hat als Leiterin der aktiv-Redaktion München ihr Ohr an den Herausforderungen der bayerischen Wirtschaft, insbesondere der Metall- und Elektro-Industrie. Die Politologin und Kommunikationsmanagerin volontierte bei der Zeitungsgruppe Münsterland. Auf Agenturseite unterstützte sie Unternehmenskunden bei Publikationen für Energie-, Technologie- und Mitarbeiterthemen, bevor sie zu aktiv wechselte. Beim Kochen und Gärtnern schöpft sie privat Energie.

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