Bad Iburg. Die Spannung steigt. Plötzlich ruft Otto Schwedt: „Ohren zu!“ Wenige Sekunden später geht ein Ruck durch den Raum, begleitet von einem lauten Knall. Ein Drahtseil, so dick wie ein Kinderarm, hat der Zugkraft der Prüfmaschine nicht standgehalten. Materialprüfer Schwedt legt es zu den anderen Seilen, die er heute schon gezielt zerstört hat.

Sicherheit und Langlebigkeit sind die wichtigsten Verkaufsargumente der Firma Vornbäumen in Bad Iburg. „Wir prüfen jede Charge auf ihre Beschaffenheit, bevor sie an den Kunden geht“, betont der erfahrene Mitarbeiter.

Seile für Windparks und Fitnessgeräte

Das Traditionsunternehmen im Osnabrücker Land ist seit 125 Jahren Spezialist für Drähte und Drahtseile, ob als Bowdenzug am Fahrrad oder als Spezialzug in Türbetätigungen von Limousinen.

160 Mitarbeiter in Bad Iburg und 20 in Allstedt in Sachsen-Anhalt ziehen Draht und veredeln ihn zu Seilen. Rund 9.000 Tonnen Walzdraht verarbeitet die Firma jährlich. 20.000 verschiedene Artikel hat sie im Angebot. Geschäftsführer Carsten Stefanowski sagt stolz: „Wir machen fast alles selbst. Das bringt größte Flexibilität.“ Eigentlich ist er Chef von zwei Betrieben: einer Drahtzieherei und einer Seilerei.

1906 richteten die Gründer Johannes und Wilhelm Vornbäumen den Drahtzug ein und machten sich damit weitgehend unabhängig von Lieferanten. Bis heute kann Vornbäumen seinen Kunden innerhalb kürzester Zeit die gewünschten Produkte liefern.

Das Unternehmen produziert Seile für Krane, die Schifffahrt und die Windparks auf See. Auch Artikel für die Forstwirtschaft, für Seilbahnen, Fitnessgeräte und Steinsägen sind im Programm und schwarze Seile für den Einsatz auf Theaterbühnen und in der Architektur. Natürlich gehören auch die Automobil- sowie die Fahrrad-Industrie zu den Abnehmern.

5 Millionen Euro in neuen Ofen investiert

Das größte Seil hat einen Durchmesser von 60 Millimetern, der kleinste Draht ist mit 0,02 Millimetern dünner als ein menschliches Haar. „Diese technisch sehr anspruchsvollen Produkte fertigen wir für Anwendungen in der Medizintechnik und für den Anglerbedarf“, sagt der Chef.

Ständig tüfteln die Ingenieure an neuen Anwendungen. Dabei setzt Vornbäumen auf den eigenen Maschinenbau, der vor allem Sonderanfertigungen für Spezialprodukte herstellt.

Mit Investitionen – allein in eine neue Ofenlinie flossen seit 2009 rund 5 Millionen Euro – hält sich der Betrieb fit für neue Anforderungen. „Wir verzichten demnächst bei der Reinigung auf herkömmliche Säurebäder und entlasten so die Umwelt“, sagt Stefanowski. Außerdem wurde eine neue Verzinkungsanlage gebaut.

Standort für die Zukunft sichern

Seit der Gründung im Jahr 1889 ist Vornbäumen familiengeführt. Die Strategie der Eigentümerfamilie lautete: Arbeit am Standort halten und den Betrieb mit allen Mitarbeitern in die nächste Generation führen. Das sei bis heute gelungen, bekräftigt der 45-jährige Geschäftsführer, der inzwischen die vierte Generation verkörpert.

Die Mitarbeiter halten Vornbäumen die Treue. „Teilweise arbeitet schon die dritte Generation bei uns“, sagt Personalleiterin Katharina Niehoff. Und zahlreiche Mitarbeiter sind 30 Jahre und länger im Betrieb – auch Otto Schwedt. „Ich bin jetzt 35 Jahre hier“, sagt er, nimmt ein neues Seil und geht wieder an die Arbeit.