Der Dollar wird billiger. Seit Jahresbeginn hat die US-Währung gegenüber dem Euro fast ein Zehntel an Wert verloren. Musste man Anfang 2025 für 1 Euro noch 1,04 US-Dollar Euro zahlen, waren es Mitte Juni schon 1,16 US-Dollar. Vor dem Hintergrund der America-First-Politik von US-Präsident Donald Trump könnte man denken: Sehen wir gerade den Anfang vom Ende des Dollars als Weltleitwährung? aktiv beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wie ist der US-Dollar eigentlich zur Weltleitwährung aufgestiegen?
Bis ins 20. Jahrhundert hinein war das Britische Pfund – die Währung der seinerzeit größten Kolonialmacht der Erde – die weltweite Leitwährung. Ein Grund dafür war, dass Großbritannien schon 1821 den sogenannten Goldstandard eingeführt hatte, also den Wert seiner Währung direkt an den des Goldes koppelte. Doch die Weltkriege schwächten die britische Wirtschaft, während die USA aus ihnen als wirtschaftlich stärkste Nation hervorgingen. Das stärkte auch das Vertrauen in den Dollar. 1944 schuf dann das Abkommen von Bretton Woods ein internationales Währungssystem, bei dem viele Währungen an den US-Dollar gekoppelt waren. Hinzu kommt, dass der Handel mit Erdöl seit dem Zweiten Weltkrieg hauptsächlich in US-Dollar abgerechnet wird.
Warum ist der Dollar heute so zentral für die Weltwirtschaft?
„Für uns ist der Dollar deshalb so wichtig, weil weltweit viele andere Währungen an ihn gekoppelt sind“, erklärt Jürgen Matthes, Finanzmarktexperte im Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Ein Grund dafür sind die gigantischen Währungsreserven in Dollar, die viele Notenbanken horten. „Wertet der Dollar ab, gehen die Währungen dieser Länder meist in dieselbe Richtung“, sagt Matthes. Sprich: Der Euro wird dann auch gegenüber vielen anderen Landeswährungen stärker. Dadurch verteuern sich deutsche Exporte nicht nur in die USA, sondern etwa auch nach Fernost.
Weshalb halten so viele Staaten Reserven in US-Dollar?
Gerade Schwellenländer legen Währungsreserven in US-Dollar an, um sich gegen Krisen zu wappnen. „Sollte die heimische Währung unter Druck geraten, muss die jeweilige Notenbank sie oft stützen, also kaufen, damit der Kurs wieder nach oben geht. Und das geht natürlich nur mit fremder Währung“, erklärt Matthes. Als idealer Notgroschen für solche Krisen erschien vielen die Währung der größten Volkswirtschaft der Welt.
Was bedeutet ein schwächelnder Dollar für Wirtschaft und Verbraucher?
Betriebe, die vom Export leben, bekommen durch einen schwachen Dollar Probleme: Ihre in Euro abgerechneten Produkte verteuern sich außerhalb der EU. Dafür können Firmen aber günstiger aus dem Dollar-Raum importieren, was US-Produkte für Verbraucher verbilligt. „Die Kursentwicklung ist aktuell aber noch nicht so dramatisch, dass die Wirtschaft die Folgen stark spürt“, sagt Matthes. Anders war das 2008: Damals kostete 1 Dollar zeitweise 1,60 Euro.
Kann es sein, dass der Euro den Dollar als Leitwährung ablöst?
Spekulationen darüber gibt es. Hauptgrund: die exorbitante Schuldenlast der USA, die heute schon bei 121 Prozent der US-Jahreswirtschaftsleistung liegt – und durch die von Trump geplanten Steuersenkungen noch steigen dürfte. „Das erschüttert das Vertrauen in die US-amerikanischen Staatsanleihen“, warnt etwa Gunther Schnabl, Professor für Wirtschaftspolitik an der Uni Leipzig. IW-Forscher Matthes hat daher „erste Zweifel“ daran, „dass die USA weiterhin die dominante Leitwährung stellen wollen“. Ob der Euro diese Rolle mal übernehmen könnte, ist aber fraglich. Vor allem deshalb, weil die Europäische Union immer noch keinen gemeinsamen Kapitalmarkt hat und jedes Land eigene Staatsanleihen ausgibt. „Der US-Kapitalmarkt ist demgegenüber viel größer und bisher für Anleger sicherer“, sagt Matthes.
Und was ist mit China?
Liegt in der Hitliste der weltweiten Devisen bislang sehr weit hinten. Der Grund: Der chinesische Renminbi beziehungsweise Yuan ist nicht frei konvertierbar. Das heißt, er darf nicht in jedem Fall ohne staatliche Genehmigung in eine andere Währung umgetauscht werden. Das macht ihn als Notgroschen für Krisenzeiten unattraktiv.

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Klavier in einer Band.
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