Der Flughafen Berlin Brandenburg oder Stuttgart 21 sind derzeit die wohl bekanntesten Baustellen in Deutschland. Doch auch an anderen Orten der Republik wird gigantisch gebuddelt und gebaut – milliardenschwer.
Riesig, kühn, teuer – und meist eine enorme Herausforderung für Planer und Ingenieure: In Deutschland sind derzeit Dutzende Großprojekte in Bau. Und einige von ihnen haben weit über unsere Grenzen für Aufsehen gesorgt, wie etwa das Projekt „Stuttgart 21“.
Ob neue Bahnhöfe, die Erweiterung internationaler Flughäfen oder die Modernisierung von Universitäten: Im Folgenden stellen wir die zwölf zurzeit gewaltigsten Baumaßnahmen der Republik vor:
Platz 1: Stuttgart 21
In Stuttgart wird der oberirdische Kopfbahnhof mit 17 Gleisen einer unterirdischen Durchgangsstation mit acht Gleisen weichen. Das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 sollte ursprünglich für 4,5 Milliarden Euro in den schwäbischen Grund gesetzt werden.
Doch die Kosten gingen durch die Decke. Inzwischen wird sogar mit 8,2 Milliarden Euro kalkuliert. Die geplante Eröffnung wurde immer wieder verschoben, seit Anfang des Jahres geht man von 2025 aus.
Platz 2: Flughafen Berlin Brandenburg „Willy Brandt“

Er sollte längst fertig sein, doch wegen Missmanagement, Fehlplanungen und Pfusch am Bau hat sich die Eröffnung immer wieder verzögert. Nach derzeitigem Planungsstand werden die ersten Passagiere Ende 2020 am Flughafen Berlin Brandenburg abheben – nach einer Bauzeit von 14 Jahren.
Dann sollen die jetzigen beiden Airports Schönefeld und Tegel schließen. Ursprünglich sollte der neue Flughafen, der für 40 Millionen Reisende ausgelegt wird, „nur“ 1 Milliarde Euro kosten. Aber es kam bekanntlich anders: Inzwischen werden die Kosten auf 6,5 Milliarden Euro geschätzt
Platz 3: Terminal 3 des Flughafens Frankfurt am Main

Im Süden des Frankfurter Flughafens wird das modernste Terminal Europas aus dem Boden gestampft. Der erste Bauabschnitt von Terminal 3 mit Hauptgebäude, zwei Flugsteigen und insgesamt 24 Gebäuden bietet die Kapazität für jährlich bis zu 14 Millionen Passagiere. Für den Neubau entstand in nur sechs Monaten eine 66.000 Quadratmeter große Grube mit einer Tiefe von 5,5 Metern. Dafür schaufelten Bagger täglich bis zu 300 Lkw-Ladungen Erde weg.
Die Inbetriebnahme des vor drei Jahren gestarteten Infrastruktur-Projekts ist für 2023 geplant. Die Kosten sind mit 2,5 Milliarden Euro angesetzt, wie oft bei Großvorhaben: Kostensteigerungen gut möglich. Letztes Jahr starteten und landeten in Frankfurt 64,5 Millionen Passagiere.
Platz 4: Kohlekraftwerk Datteln IV

In Datteln am Dortmund-Ems-Kanal entsteht seit 2007 ein komplett neues Kohlekraftwerk, das gleich drei veraltete Blöcke ersetzt: Datteln IV. Die Inbetriebnahme war ursprünglich für 2011 geplant. Doch Klagen verzögerten den Bau. Nach jetzigem Stand soll Datteln IV Ende 2018 ans Netz gehen.
Der neue Meiler soll Strom für die öffentliche Versorgung und die Bahn erzeugen – und durch Kraft-Wärme-Kopplung rund 100.000 Haushalten in der Region Fernwärme liefern. Ursprünglich gingen die Planer von Kosten in Höhe von 1 Milliarde Euro aus. Wie hoch sie tatsächlich ausfallen werden, ist nach jetzigem Stand ungewiss.
Platz 5: Abwasserkanal Emscher

Er ist tief, sicher – und 51 Kilometer lang: Der Abwasserkanal Emscher im Norden des Ruhrgebiets soll die Schmutzwässer von 2,26 Millionen Einwohnern sowie von Industrie und Gewerbe aufnehmen – und an Klärwerke leiten. Die Stahlbeton-Röhre verläuft bis zu 40 Meter unter der Erde. Deshalb wurden Pumpwerke eingebaut, die das Abwasser wieder nach oben befördern.
Die extreme Tieflage ist technisch anspruchsvoll, hat aber viele Vorteile: So werden Straßen und Bahnlinien sowie der Rhein-Herne-Kanal mit seinen Schleusen unterquert. Anfang 2020, elf Jahre nach Start der Bauarbeiten, soll das erste Schmutzwasser durch den Kanal fließen. Das ganze Bauvorhaben ist nicht gerade billig: Gut 1 Milliarde Euro werden auf der Rechnung stehen.
Platz 6: Hauptgebäude der Universität Bielefeld

Es ist ein Mammut-Projekt im Dienste der Wissenschaft: Die Modernisierung und Sanierung der Uni Bielefeld wird Jahrzehnte in Anspruch nehmen. Im Oktober 2014 begannen die Arbeiten. Die Ausmaße des Hauptgebäudes sind gewaltig: Knapp 145.000 Quadratmeter misst das Bauwerk.
Das Projekt verschlingt – einschließlich der notwendigen Ersatzbauten für den laufenden Studienbetrieb – nach den ursprünglichen Planungen rund 1 Milliarde Euro. Davon entfallen 800 Millionen auf das über 40 Jahre alte Hauptgebäude. Doch dabei dürfte es nicht bleiben: Die Bauarbeiten ziehen sich hin. Ursprünglich sollte alles 2026 fertig sein, inzwischen soll es bis zu zehn Jahre länger dauern.
Platz 7: Stadtbahn- und Autotunnel in Karlsruhe

Mit der sogenannten Kombilösung soll die Innenstadt von Karlsruhe ein neues Gesicht bekommen: Eines der größten Verkehrsprojekte im Südwesten Deutschlands wird dazu führen, dass keine Straßenbahnen mehr durch die Fußgängerzone der Kaiserstraße im Herzen der Stadt fahren. Sie sollen künftig in dichtem Takt in einem Tunnel unter der Fußgängerzone verkehren.
In einem weiteren Schritt soll die autobahnähnliche Kriegsstraße so umgebaut werden, dass der Verkehr zum Teil im Tunnel rollt. Oberirdisch werden, so der ambitionierte Plan, zwischen Radwegen und Alleen Straßenbahnen verkehren. Das 2010 begonnene Großprojekt soll 2021 komplett fertig sein. Die kalkulierten Kosten dürften mindestens 900 Millionen Euro erreichen.
Platz 8: Hauptbahnhof Halle (Saale)

Der Hauptbahnhof in Halle an der Saale wird zu einem modernen Drehkreuz umgebaut. Ende letzten Jahres wurde er bereits an die neue Schnellfahrstrecke München–Berlin angeschlossen, auf der ICEs mit bis zu Tempo 300 rasen. Während die Ostseite des Hauptbahnhofs schon fertig ist, wird die Westseite Ende 2019 eröffnet.
Für den Umbau des Verkehrsknotens wurden neue Gleise und Weichen verlegt, neue Stellwerke, Brücken und Bahnsteige gebaut. Zudem geht in diesem Jahr auf dem Bahnhofsgelände eine der modernsten Zugbildungsanlagen Europas in Betrieb. Das vor vier Jahren gestartete Verkehrsprojekt kostet alles in allem rund 750 Millionen Euro.
Platz 9: Abbruch des Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich

Es war ein milliardenschweres Fiasko: 1988 musste der 1.300-Megawatt-Reaktor Mülheim-Kärlich nach nur 13-monatigem Betrieb für immer vom Netz genommen werden. Das hatte das Bundesverwaltungsgericht verfügt. Bei den Planungen des Kernkraftwerks hatte man die Erdbebengefahr in der Region nicht ausreichend berücksichtigt.
Seit 2004 läuft der Abriss der gesamten Anlage. Er soll im Zeitraum 2023 bis 2025 abgeschlossen sein, Gesamtkosten: rund 750 Millionen Euro. Der Meiler am linken Rheinufer nördlich von Koblenz war übrigens das einzige Atomkraftwerk in Rheinland-Pfalz.
Platz 10: Berliner Stadtschloss

Es wird das barocke Juwel der Bundeshauptstadt: Das Hohenzollernschloss im Herzen von Berlin wurde im Zweiten Weltkrieg zum großen Teil zerstört – und die DDR ließ die erhaltenen Teile 1950 in die Luft jagen. Nun soll das Schloss bis 2019 wiederauferstehen – mit rekonstruierten Fassaden und moderner Technik im Inneren.
Der Wiederaufbau kostet fast 600 Millionen Euro, der vom Bund, dem Land Berlin sowie aus Privatspenden finanziert wird. In das neue Gebäude werden mehrere Museumssammlungen sowie Veranstaltungsräume für Wissenschaft und Kultur einziehen.
Platz 11: Fünfte Schleusenkammer am Nord-Ostsee-Kanal in Brunsbüttel

Bislang ist die Schleuse in Brunsbüttel ein Bypass für die Schifffahrt – künftig soll sie den Nord-Ostsee-Kanal leistungsfähiger machen, der jährlich von 32.000 Schiffen befahren wird. Seit vier Jahren wird an einer fünften Schleusenkammer gebaut, die größte Wasserbaustelle der Republik. Die neue Schleuse hat eine Nutzfläche von 330 Meter Länge und 42 Meter Breite.
Sie wird nach jetzigem Planungsstand Ende 2020 für den Verkehr freigegeben – und im Anschluss daran wird die bestehende Große Schleuse auf Vordermann gebracht. Allein 540 Millionen Euro sind nach bisherigen Berechnungen für den Neubau fällig, dazu kommen noch die Aufwendungen für die Sanierungsarbeiten.
Platz 12: Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Es ist eine der größten europäischen medizinischen Einrichtungen – jetzt baut das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein seine beiden Standorte in Kiel und Lübeck radikal um. Viele Altbauten werden saniert, dazu entstehen energieoptimierte Neubauten. Insgesamt fließen 520 Millionen Euro in das ambitionierte Vorhaben, um den Patienten eine bessere Versorgung bieten zu können.
2021 werden alle Bauvorhaben im Norden laut Plan abgeschlossen sein. Ein hochmodernes Operationszentrum ist bereits Ende 2017 fertig geworden: Jetzt stehen dort mehr als 15 OP-Säle für alle Bereiche der Medizin zur Verfügung.