München. Was ist da los? Die Länder der Opec und Russland kürzen ihre Ölförderung, um den Preis für den begehrten Energieträger hochzutreiben. Aber der Sprit an den Tanksäulen wird nur für einige Wochen teurer. Inzwischen sind Super und Diesel wieder so günstig wie zuvor. Die 14 Mitgliedsstaaten des Förderkartells Opec, die den Preis für das schwarze Gold lange nach Belieben lenkten, sind auf einmal machtlos.
Der Grund dafür: „Die USA sind wieder zum ,Big Player‘ im Ölgeschäft aufgestiegen“, erklärt Walter Pfeiffer, Ölexperte der Unternehmensberatung Roland Berger in München. Die US-Firmen kompensieren durch ihre Förderung die Kürzungen der Opec größtenteils. Seit dem letzten Herbst haben sie ihre Produktion um 700.000 Barrel pro Tag gesteigert.
Deshalb ist das Fass Rohöl (zu 159 Liter) trotz der Förderkürzung längst wieder für um die 50 Dollar zu haben. „Und der Ölpreis bleibt vorerst niedrig – vielleicht sogar noch vier, fünf Jahre“, prognostiziert Pfeiffer.
Eine Erfolgsgeschichte – die zeigt, wie Wettbewerb und Innovationen Produkte günstiger machen.
Ursache dieser Entwicklung ist der Boom bei der Förderung von Schieferöl in den USA, das mit dem umstrittenen Fracking gewonnen wird. Seit dem massiven Preissturz beim Rohöl in den Jahren 2014 und 2015 hat sich die Fracking-Branche gemausert und arbeitet nun auch bei niedrigen Ölpreisen rentabel. Der Einbruch (von über 100 auf rund 50 Dollar) fegte ineffiziente Fracking-Firmen vom Markt. In nur anderthalb Jahren machten drei Viertel von 1.100 Bohrtürmen dicht, seitdem hat sich ihre Zahl wieder auf 680 mehr als verdoppelt.
„Die verbliebenen Firmen sind nun viel wettbewerbsfähiger und robuster“, sagt Roland-Berger-Experte Pfeiffer. „Unter dem Druck des niedrigen Preises haben sie in rasantem Tempo ihre Effizienz gesteigert.“ Von 2009 bis 2014 verringerten sie ihre Produktionskosten je Fass Öl von 100 auf 80 Dollar, dann ging es rapide runter auf 40 Dollar. „Und heute machen einige Ölfelder schon ab 35 Dollar je Barrel Gewinn“, so Pfeiffer.
Die Fracker profitieren dabei von der Flaute bei den Service-Firmen. Die Mieten fürs Equipment brachen ein. Für einen Bohrturm sausten sie von 27.000 Dollar pro Tag auf 17.000 Dollar runter. Die Löhne der Crews sanken zeitweilig.
Zugleich wurde die Fracking-Methode deutlich verbessert. Dabei wird ein Gemisch von Wasser, Sand und Chemikalien tief in die Erde gepresst, erzeugt Risse im Gestein und ermöglicht so dem Erdöl, auszuströmen. Die Firmen treiben statt nur einer Bohrung pro Turm heute gleich mehrere in die Tiefe. Sie bohren schneller, vor allem bei den wichtigen horizontalen Strängen in einigen Tausend Meter Tiefe. Und sie sprengen das Gestein dort unten jetzt gezielt nur da auf, wo aufgrund geologischer Untersuchungen auch Öl zu erwarten ist. Pfeiffer: „2014 brachten 60 Prozent der Fracks Öl, heute ist die Quote deutlich besser.“
Einige Tausend Bohrlöcher warten auf Förderstart
Weil die Mieten für die Bohrtürme so günstig sind, wurden vorsorgliche Bohrungen niedergetrieben. Davon gibt es Tausende in den USA. Dann muss nur noch gefrackt werden – und das Öl kann sprudeln. „Jetzt warten die Firmen auf einen guten Preis“, so Pfeiffer. „Bei 55 Dollar pro Fass geht es rund.“
Nicht nur das Fracking ist günstiger geworden. Auch Ölkonzerne wie Shell, BP, Total oder Statoil haben massiv rationalisiert. Die teure Förderung mit Ölplattformen auf See kann bei den Kosten wieder mithalten; neue Bohrinseln sind 40 bis 50 Prozent preiswerter.
Und weil zudem der Iran seine Förderung ausbaut, kann die weltweite Produktion die wachsende Nachfrage befriedigen. Keine Chance also für höhere Ölpreise.