Bei genauerem Hinschauen wird schnell klar, dass die Forderungen der Gewerkschaft in der aktuellen Situation nicht angebracht sind. Angelique Renkhoff-Mücke, Verhandlungsführerin des bayerischen Metall- und Elektro-Arbeitgeberverbands vbm, fasst zusammen, was den Unternehmen wichtig ist: „Sie brauchen Spielraum, um in dieser schwierigen Zeit handeln zu können.“ aktiv hat den Faktencheck gemacht.

Für weniger Arbeit gibt es nicht mehr Geld

Natürlich klingt die Idee erst mal nicht schlecht: Wenn in Krisen weniger Arbeit da ist, kann man ja die Wochenarbeitszeit kürzen. Diese Überlegung ist nicht neu – und auf diesen Grundsatz hatten sich die Tarifparteien bereits im Tarifvertrag „Beschäftigungsentwicklung“ geeinigt. Dabei gilt aber: Für weniger Arbeit gibt es entsprechend weniger Lohn. Dies entspricht der Entgeltgerechtigkeit und erhält die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe. Diesen Vertrag hat die IG Metall gekündigt und will nun einen (Teil-)Lohnausgleich. „Fatal“ nennt dies die Arbeitgeberseite. Denn gerade dadurch würde die Produktion teurer – und das, wo Deutschland schon die vierthöchsten Arbeitskosten der Welt hat!

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Die jetzige Form der Mitbestimmung im Betrieb reicht aus

Das Recht auf unternehmerische Entscheidungsfreiheit ist Teil unserer Grundordnung. Das heißt, dass Unternehmer sowohl das Risiko als auch die Folgen ihrer Entscheidungen tragen. Bei Anliegen, die die Beschäftigten angehen, sind schon heute Vertreter der Belegschaft – etwa der Betriebsrat – eng eingebunden. Dieses aktuelle Niveau der betrieblichen Mitbestimmung hat sich bewährt. Eine Ausweitung wäre rechtlich auch bedenklich und inhaltlich fragwürdig – insbesondere, wenn es um strategische Entscheidungen geht, etwa, welche Produkte der Betrieb herstellt und wo dies im Einzelnen geschieht. Das hat am Ende auch etwas mit der Haftung zu tun.

Tarifliche Regelungen müssen Rücksicht auf die heterogene Lage in den Betrieben nehmen

Manche Unternehmen kämpfen um jeden Auftrag, andere sind dagegen weniger berührt von der Krise. Selten war die Lage in den Metall- und Elektro-Unternehmen so unterschiedlich wie jetzt – deshalb braucht jeder Betrieb etwas anderes, um sich wettbewerbsfähig aufzustellen. Darauf müssen die Tarifparteien eingehen und maßvolle Regelungen finden, damit der neue Tarifvertrag am Ende für alle passt.

Höhere Löhne passen nicht in die Zeit

4 Prozent mehr „Entgeltvolumen“ fordert die Gewerkschaft, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Das ist aus Sicht der Arbeitgeber momentan nicht zu stemmen. Aufgrund der schwierigen weltwirtschaftlichen Lage durch die Corona-Pandemie kämpfen Unternehmen um jeden neuen Auftrag und darum, ausreichend Liquidität vorzuhalten. Viele erwarten, Verluste zu machen – aber mehr Lohn kann nur verteilt werden, wenn die Unternehmen ihn zuvor auch erwirtschaften.

Neben den Folgen der Corona-Pandemie müssen die Betriebe zusätzlich in den kommenden Jahren den Strukturwandel schaffen. Das ist wichtig, um langfristig den Standort und die Beschäftigung zu sichern. Die dafür nötigen Investitionen binden aber zusätzlich Geld.

Starke Tarifbindung braucht den Mittelstand

Tarifverträge geben sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern Sicherheit. Beide Seiten haben die Regeln gemeinsam ausgehandelt. Dieses System hat sich bewährt. Es funktioniert aber nur, wenn der Vertrag die Interessen vieler Beteiligter widerspiegelt. Seit Jahren beklagt der Mittelstand, dass die Regeln immer komplexer werden und nur schwer umzusetzen sind. Das Ziel muss deshalb der Abschluss eines interessengerechten Vertrags sein, der Mindestbedingungen für alle abbildet.

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