Schwelm. Er spielt den ganzen Tag im Sand mit Förmchen und bekommt auch noch Geld dafür! Nur Scherzbolde würden Andreas Finks Job so beschreiben. Der Gießereimechaniker füllt zwischen vor Hitze und Feuchtigkeit dampfenden schwarzen Sandbergen über 800 Grad heißes Metall durch ein kleines Loch in eine Form: „Ist der Sand zu nass oder gieße ich zu schnell, ist das Gussteil hin!“ Ein verantwortungsvoller Job also.

Fink und seine Kollegen bei der Firma Gerbracht in Schwelm führen ein Berufsleben in der Nische. In Deutschland gibt es nur noch gut zwei Dutzend Schildergießereien. Mit gerade mal 16 Beschäftigten und 1 Million Euro Jahresumsatz gehört das Unternehmen zu den Großen der Branche!

Geschäftsführer Matthias Kampschulte ist mit seiner Frau Viola Inhaber des Betriebs. Fragt man ihn nach dem Rezept für ein erfolgreiches Überleben in der Nische, so sagt er: „Als kleiner Betrieb sind wir wendig und können schnell reagieren. Zudem braucht man engagierte Mitarbeiter.“

In Metall gegossene Urkunden – die nach Jahrzehnten noch lesbar sein müssen

Die Schilder aus Schwelm sieht man weltweit. Bagger und Kräne von Liebherr tragen sie, ebenso Aufzüge und Rolltreppen von ThyssenKrupp. Sie zieren Tischtennisplatten und Tore von Fertiggaragen gleichermaßen wie Energieanlagen von Siemens. Es gibt sie da, wo es heiß hergeht und äußerste Robustheit gefragt ist: im Bergbau und an Stahlöfen.

Sie sind quasi in Metall gegossene Urkunden. Kampschulte: „Da muss man auch nach Jahrzehnten noch mit der Stahlbürste drübergehen können und den Namen des Herstellers und die Seriennummer erkennen.“

Die Manufaktur fertigt im Jahr mehr als 100.000 Schilder, in Kleinserien von 50 bis 100 Stück, aber auch Unikate. Jedes ist zu 100 Prozent Handarbeit: Das Modell, entstanden am Computer und in Kunststoff gefräst, verpresst der Schildergießer mit verschiedenen Sandschichten in der Formmaschine. Es entsteht ein Ober- und Unterteil der Negativform. Wie beim Waffeleisen wird nun der Hohlraum ausgegossen, mit flüssigem Aluminium. Das so gefertigte Rohschild wird entgratet, gebohrt, geschliffen, lackiert und gebrannt. Die Seriennummer erhält es erst später eingraviert.

Und die Gieß-Spezialisten trauen sich auch Außergewöhnliches zu – abseits des Tagesgeschäfts. So übernahmen die Schwelmer vor einigen Jahren die Gestaltung der Verpackung der Goldenen Schallplatte für das erste Hörbuch aus der Reihe „Geisterjäger John Sinclair“. Dafür erhielten sie sogar selbst diese begehrte Auszeichnung.