Berlin/Freiburg. Es ist die stärkste Erhöhung seit 23 Jahren: Zum 1. Juli steigen die Renten im Westen um 4,25 und im Osten um 5,95 Prozent. Damit profitieren auch die 21 Millionen Ruheständler von der zuletzt guten Wirtschaftslage. Doch Experten warnen: Dass immer weniger Junge immer mehr Alte finanzieren müssen, wird Folgen haben.
Die Erhöhung ist per „Rentenformel“ im Gesetz festgelegt. Maßgeblich sind der zuletzt extrem starke Anstieg der Bruttolöhne und die konjunkturbedingt höhere Zahl von Beschäftigten, also Beitragszahlern. Zudem wirkt ein Sondereffekt wegen EU-Statistikvorgaben: 1 Prozent Rentenerhöhung, die eigentlich 2015 anstand, wird nachgeholt.
„Die umlagefinanzierte Rente hat sich bewährt“, behauptet Sozialministerin Andrea Nahles. Doch mit ihrem Jubel über den diesjährigen Anstieg lenkt sie vom grundsätzlichen Problem des Umlagesystems ab: Dass die Renten nicht aus einem angesparten Kapitalstock kommen, sondern aus den jeweils aktuellen Beiträgen, erzeugt wegen der Alterung der Gesellschaft eine immer größere Schieflage. Und weil die jetzige Erhöhung auch den Wert aller künftigen Renten steigert, muss dafür am Ende auch der kleine Spatz auf dem Bild aufkommen.
Zusätzlich vorsorgen ist wichtiger denn je
„Die Zeche zahlen die Jüngeren“, kritisiert der Freiburger Professor Bernd Raffelhüschen, einer der führenden Rentenexperten Deutschlands. Die Kinder und Enkel würden schlicht „veräppelt“ – zugunsten der Rentner-Generation. Die Parteien, so Raffelhüschen, richteten sich immer stärker an den Rentnern aus. Bei der letzten Bundestagswahl waren schon 37 Prozent derer, die ihre Stimme abgaben, mindestens 60 Jahre alt.
Allein die 2014 beschlossenen Leistungsausweitungen bei „Mütterrente“ und „Rente mit 63“ kosten die Rentenkasse Schätzungen zufolge 160 bis 200 Milliarden Euro. „Das verringert ohne Not die Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung, der volkswirtschaftliche Schaden ist immens.“ Die fatale Logik lautet: Je höher die Rentenbeiträge, desto höher auch die anteilige Last der Betriebe – und damit der Druck auf deren Wettbewerbsfähigkeit.
Fazit: Bei der Rente ist keineswegs alles paletti. Private und betriebliche Vorsorge sind wichtiger denn je. Raffelhüschens Faustformel: „Mindestens 6 bis 8 Prozent vom Jahresbrutto.“