Neodym, Yttrium, Indium: So heißen spezielle Rohstoffe, die für Deutschlands Industrie immer wichtiger werden – so genannte seltene Erden und Metalle. Ohne sie ist moderne Technik nicht möglich! Was die Abhängigkeit konkret bedeutet, zeigen sieben Firmenbeispiele.

Ohne Platin keine saubere Luft: HJS Fahrzeugtechnik ist mit Kats und Filtern auf der Öko-Spur

Platin. Schweres, schmiedbares Metall

Schweres, schmiedbares Metall

  • Verwendung: Für Katalysatoren zum Abbau von Abgasen in Autos, für Katalysatoren zur Benzinherstellung in Raffinerien, zum Herstellen von Schmuck.
  • Produktion: 192 Tonnen im Jahr 2011; die Reserven reichen bei heutigem Verbrauch noch für deutlich über 100 Jahre.
  • Abbauländer: Die größten Hersteller sind Südafrika (76 Prozent), Russland und Kanada.

Menden. Lange vorbei sind die Zeiten der Straßen-Stinker. Die meisten Fahrzeuge sind mit einem Katalysator oder Rußfilter ausgestattet – und der besteht seinerseits aus wertvollen Bausteinen. Meist ist es Platin, das die Abgase unschädlich macht. Auch die ebenfalls seltenen Rohstoffe Palladium oder Rhodium kommen als chemische Reinigungskräfte zum Einsatz.

Die Firma HJS Emission Technology im sauerländischen Menden ist so ein Kat- und Filter-Hersteller: Jahr für Jahr verlassen mehr als 200.000 Stück die Fabrik. Für einen Katalysator etwa werden, je nach Ausführung, bis zu 2,5 Gramm Platin benötigt. Insgesamt braucht die Firma für ihre Jahresproduktion rund 300 Kilogramm Platin – sowie 6,5 Kilo Palladium und 2 Kilo Rhodium.

In Zukunft dürften die Reinigungsrohstoffe noch wichtiger werden. Holger Rosenkranz, Leiter Einkauf: „Immer mehr Pkws, Busse, Lastwagen und Baumaschinen werden mit unseren Produkten ausgerüstet.“

Ohne Indium keine Solarzellen: Solarion produziert flexible Sonnen-Anbeter

Indium. Weiches Schwermetall

Weiches Schwermetall

  • Verwendung: Als durchsichtiger Leiter für Flachbildschirme und Touchscreens.
  • Produktion: Zwischen 500 und 580 Tonnen im Jahr; die Reserven reichen noch 18 Jahre.
  • Abbauländer: China liefert mehr als die Hälfte der Weltproduktion.

Leipzig. So schwungvoll kann Klimaschutz sein: Hauchzart ist die Folie mit biegsamen Dünnschicht-Solarzellen, die das Leipziger Unternehmen Solarion entwickelt hat.

Die Wunder-Folie ist nur 25 Mikrometer dünn – das ist ein vierzigstel Millimeter, gerade mal halb so dick wie ein menschliches Haar. Derzeit wird im neu gebauten Werk in Zwenkau bei Leipzig die Serienproduktion hochgefahren, berichtet Vertriebschef Stefan Nitzsche.

Nur zwei Mikrometer misst die oberste Schicht, die das Licht der Sonne in Strom verwandelt. Hier stecken unter anderem das seltene Metall Indium, aber auch Selen, Gallium und Kupfer. Solarzellen aus diesen Metallen haben gegenüber den klassischen Silizium-Zellen einen Vorteil: Ihre Herstellung braucht viel weniger Energie – und sie sind bald ebenso wirksam.

Ohne Yttrium kein modernes Licht: Osram lässt Leuchtdioden weiß strahlen

Yttrium. Seltenerdmetall

Seltenerdmetall

  • Verwendung: Für LEDs, Leuchtstofflampen, Radarröhren und leistungsstarke Laser.
  • Produktion: Yttrium gehört zu den 17 Seltenerdmetallen, von denen 2011 weltweit rund 130.000 Tonnen abgebaut wurden.
  • Abbauländer: Wichtigster Lieferant ist China mit einem Anteil von 97 Prozent an der Weltproduktion der Seltenen Erden.

Regensburg. Wie in einer Chip-Fabrik sieht es im Regensburger Werk des Münchner Lichtspezialisten Osram aus. Unter Reinraum-Bedingungen stellt die Firma dort optische Halbleiter-Chips her – das leuchtende Herz von Leuchtdioden (LEDs).

Eines der Ausgangsmaterialien für die LEDs ist das Metall Yttrium. Kombiniert mit anderen Rohstoffen sorgt es in Leuchtstoffen dafür, dass die kleinen Strahler weißes Licht erzeugen können – Rot, Grün und Blau gehen auch ganz ohne Leuchtstoffe.

Um die Versorgung mit den Materialien für die Leuchtstoffe zu sichern, hat Osram 2009 mit dem chinesischen Lieferanten China Rare Earth ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Die Münchner haben zudem ein Verfahren entwickelt, um Leuchtstoffe aus alten Lampen zu recyceln.

Und die Leuchtdioden sind gefragt: Mit LEDs, Modulen und Lampen daraus machte Osram im letzten Geschäftsjahr bereits mehr als 25 Prozent seines Umsatzes.

Ohne Chrom keine Dusche: Hansgrohe bringt Glanz ins Bad

Chrom. In Reinform silbern glänzendes Metall.

In Reinform silbern glänzendes Metall

  • Verwendung: Zum Verchromen sowie für hitze- und rostbeständige Stähle etwa von Werkzeugen (Chrom-Vanadium-Stahl).
  • Produktion: Knapp 24 Millionen Tonnen im Jahr 2011; die Vorräte reichen bei heutigem Verbrauch noch für rund 20 Jahre.
  • Abbauländer: Die größten Hersteller sind Südafrika (46 Prozent), Kasachstan und Indien.

Schiltach. Glanz in Reih und Glied: Beim Armaturen- und Brausen-Hersteller Hansgrohe in Schiltach im Schwarzwald warten in der Galvanik frisch verchromte Bad-Armaturen auf die Qualitätskontrolle.

Das Chrom bezieht das Unternehmen von Händlern in ganz Europa. Zwar besteht derzeit noch kein Engpass beim Nachschub. Gleichwohl macht man sich Gedanken über die künftige Versorgung: Seit gut drei Jahren gibt es bei Hansgrohe ein Team, das rund um den Globus nach weiteren Rohstoff-Lieferanten fahndet.

Zugleich arbeitet die hauseigene Forschung und Entwicklung an Alternativen zu Chrom. Das ist nicht einfach. Für den Verbraucher steht eine Oberfläche aus diesem Material für Hygiene, aber auch für hohe Qualität und schönes Design.

Ohne Neodym kein Auto: VAC baut bärenstarke Magneten für den Komfort an Bord

Neodym. Seltenerdmetall

Seltenerdmetall

  • Verwendung: Zum Herstellen starker Magnete.
  • Produktion: Neodym gehört zu den 17 Seltenerdmetallen, von denen 2011 weltweit rund 130.000 Tonnen abgebaut wurden.
  • Abbauländer: Wichtigster Lieferant ist China mit einem Anteil von 97 Prozent an der Weltproduktion der Seltenen Erden.

Hanau. Neodym besitzt erstaunliche Energien. Das Metall entfaltet in der Kombination mit Eisen und Bor eine bis zu 25-mal stärkere Magnetkraft als herkömmliche Ferrit-Magnete – selbst bei hohen Temperaturen und auf engem Raum.

Auf dieses Zaubermaterial setzt die Vacuumschmelze (VAC) in Hanau. Angeliefert wird das Neodym per Schiff aus China, es sind faustdicke Brocken Metall, die silbriggrau glänzen. In dem hessischen Unternehmen wird es zunächst geschmolzen, dann fein gemahlen, in Form gepresst und schließlich „zusammengebacken“: als Ausgangsstoff unter anderem für Sensoren und Servolenkungen.

Nicht nur da kommen Neodym-Magnete der VAC zum Einsatz: Der absehbare Boom bei Hybrid- und Elektro-Motoren für Fahrzeuge wird die Nachfrage noch mehr auf Touren bringen.

Pro Jahr importiert die Firma rund 100 Tonnen. Laut Roland Stepputat, Leiter Geschäftsgebiet Dauermagnete, dürfte der Bedarf in Zukunft weiter steigen.

Ohne Lithium kein Handy: Varta setzt die Welt unter Strom

Lithium. Sehr weiches und leichtes Metall

Sehr weiches und leichtes Metall

  • Verwendung: In der Lithium-Ionen-Batterie für Akkus, Handys & Co., in Hütten für die Metallverarbeitung sowie in der Medizin.
  • Produktion: Rund 34.000 Tonnen im Jahr 2011; die Vorräte reichen bei heutigem Verbrauch noch über 500 Jahre.
  • Abbauländer: Die wichtigsten Lieferanten sind Chile (37 Prozent), Australien (33 Prozent), China und Argentinien.

Ellwangen. Sie stecken in Auto-Navis und Hörgeräten. Und in den elektronischen Helferlein, mit denen immer mehr Leute auch unterwegs ihre E-Mails lesen. Die Rede ist von Batterien und Akkus der neuesten Generation.

In den kleinen Stromspendern befindet sich häufig Lithium. Davon benötigen die Batterie-Hersteller weltweit allein in diesem Jahr voraussichtlich 28.000 Tonnen, für 3,4 Milliarden Zellen.

Und der Lithium-Bedarf steigt. So tüftelt Varta Microbattery im schwäbischen Ellwangen jetzt gemeinsam mit VW an großen Akkus für Elektro-Fahrzeuge. Für 100.000 Autos etwa benötigt man rund 5.200 Tonnen Lithium.

Noch bestehe kein Engpass, sagt Jürgen Lindner, bei Varta Microbattery Leiter neue Technologien. Das könne sich aber bald ändern, weil ständig neue Anwendungen hinzukämen.

Um in Zukunft von dem wichtigen Rohstoff nicht so sehr abhängig zu sein, will Varta mit neuen Techniken das Lithium ein Stück weit überflüssig machen. Lindner: „Das Thema beschäftigt uns die nächsten 10 bis 15 Jahre.“

Ohne Wolfram kein Blick in den Körper: H.C. Starck haucht Röntgengeräten und Computertomografen Leben ein

Wolfram. Weißglänzendes Schwermetall

Weißglänzendes Schwermetall

  • Verwendung: In Werkzeugstählen, Jet-Triebwerken und in der Medizintechnik; zudem war der Glühwendel in der Glühlampe aus Wolfram-Draht.
  • Produktion: Rund 72.000 Tonnen im Jahr 2011; bei heutigem Produktionsniveau würden die Vorräte noch etwa 50 Jahre reichen.
  • Abbauländer: Die wichtigsten Lieferanten sind China (83 Prozent), Russland und Kanada.

Hermsdorf. Zu den auf den ersten Blick unscheinbaren Metall-Teilen, die H.C. Starck im thüringischen Hermsdorf herstellt, gehören auch Blenden und Abschirmteile. Sie sind wichtig für die Medizintechnik: In Röntgengeräten und Computertomografen etwa machen sie die lebenswichtigen Aufnahmen erst möglich.

Der Betrieb verarbeitet jährlich 60 Tonnen Wolfram-Verbundwerkstoffe, die er vor allem vom Konzernsitz in Goslar aus zukauft. Zwar könnte man stattdessen auch gewöhnliches Blei verwenden – doch das ist giftig. Außerdem kann man mit diesem Verbundmaterial Teile kleiner gestalten.

Darüber hinaus benötigt man in Hermsdorf jährlich 110 Tonnen Molybdän. Es wird weltweit bezogen – und die bei der Produktion anfallenden Späne werden zum erneuten Einsatz eingeschmolzen. Auch dieser Rohstoff ist extrem wichtig: In speziellen Anwendungen, einer Röntgenröhre etwa, lässt er sich nicht ersetzen.

 

Übrigens: Auf iwd.de erfahren Sie, wie wichtig eine zukunftsorientierte Rohstoff-Versorgungsstrategie für die Hightech-Industrie in Deutschland ist.