Stuttgart. Da, wo man seine Stärken hat, ist man auch verwundbar. In der Metall- und Elektro-Industrie Baden-Württembergs (M+E), wo viele exportstarke Unternehmen zu Hause sind, blicken deshalb Zigtausende Beschäftigte mit wachen Augen auf die globale Konjunktur.
Die Lage ist heikel, wie sich auch an der Wirtschaftsleistung Deutschlands ablesen lässt: Bei uns schwächelt das Wachstum viel mehr als in den meisten anderen Ländern Europas.
In Baden-Württemberg ist der Industrie-Anteil an der Brutto-Wertschöpfung, einer wichtigen ökonomischen Kennziffer, mit 31 Prozent sogar noch viel höher als im Bundes- und Europa-Schnitt.
Und mit der Exportquote von 40 Prozent hängt die Südwest-Industrie viel stärker als andere Regionen am Welthandel. Der wächst im laufenden Jahr laut einer Studie des Kreditversicherers Euler Hermes so schwach wie in der letzten Dekade noch nie.
„Wir nehmen im Bundesländervergleich eine Sonderrolle ein“, so formuliert es die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut, „denn unsere eigentliche Stärke wird hier zur Achillesferse.“

Was der Konjunktur zusetzt, sind Handelsbarrieren. Laut einer Umfrage der deutschen Handelskammer in Peking sind vom Handelskrieg zwischen den USA und China 83 Prozent der deutschen Unternehmen betroffen.
1.291 neue Handelsbarrieren allein in diesem Jahr
Und die Weltwirtschaft belasten keineswegs nur die von US-Präsident Donald Trump angezettelten Handelsauseinandersetzungen: Protektionismus liegt rund um den Globus im Trend.
2019 sind laut Euler Hermes 1.291 neue Handelshemmnisse dazugekommen. Vor zehn Jahren gab es nur 331 neue Barrieren. Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Gabriel Felbermayr, verdeutlicht: Das eigentliche Problem von Trumps Streitigkeiten seien nicht die Zölle selbst, „sondern die große Unsicherheit darüber, was noch kommt“.
Dies alles führt dazu, dass die M+E-Industrie Baden-Württembergs derzeit „den markantesten wirtschaftlichen Rückgang seit der Finanz- und Wirtschaftskrise vor zehn Jahren“ erlebt, sagt der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, Stefan Wolf. „Gleichzeitig sehen sich unsere Unternehmen im Zuge von Digitalisierung und Dekarbonisierung einem massiven technologischen Veränderungsdruck ausgesetzt.“

Immerhin: Die Branche kann auf ihre Stärken bauen
Die Branche steht also vor großen Herausforderungen. Dabei kann sie aber auf ihre großen Stärken bauen.
Nach einem Spitzengespräch zur Konjunkturentwicklung formulierten die Akteure aus Politik und Wirtschaft Baden-Württembergs: „Unsere mittelständisch geprägte Wirtschaft hat sich schon durch manche Veränderung hindurch als resistent und anpassungsfähig erwiesen.“ Sie sei wettbewerbsfähig und hoch innovativ und habe gute Chancen, die Herausforderungen zu meistern.
„Zentral ist für uns, dass der Wirtschaft jetzt keine weiteren finanziellen Lasten aufgebürdet werden“, sagt Südwestmetall-Chef Wolf – und hat dabei sowohl die Politik wie auch den Tarifpartner, die Gewerkschaft IG Metall, im Blick.