Bielefeld. Mitten in der Werkhalle stehen mannshohe Metallteile auf einem Podest. Andreas Balsliemke ist gerade dabei, sie in eine Art Garage zu bugsieren. Keine leichte Aufgabe. Und doch sagt der Schweißer lachend: „Ich habe den entspannendsten Job in der ganzen Firma.“ Das gilt allerdings nicht für ihn selbst. Sondern für die dicken, rundlichen Metallteile, die sich hier bei heißen 730 Grad nach dem für das Material stressigen Schweißen entspannen.

Es sind Gehäuse von tonnenschweren Regelventilen. Und diese gehen danach in Holzkisten auf die Reise zu Kraftwerkneubauten in aller Welt: vor allem nach China, Indien, Korea, in den Nahen und Mittleren Osten. Balsliemke und seine 180 Kollegen bauen bei der Bielefelder Firma Welland & Tuxhorn mehrere Hundert solcher Armaturen im Jahr, die in Kohle-, Gas-, Atom- und Thermosolarkraftwerken Dampfströme steuern.

Auch der Vorstandsvorsitzende Dierk von Nordheim ist entspannt – es liegt an der guten wirtschaftlichen Entwicklung der Firma. Das Jahr der Zeitenwende war 2006: Vorher lag der Umsatz immer bei guten 20 Millionen Euro, und Europa war der Markt. Dann eroberte sein kleines Vertriebsteam Regionen in Übersee – und verdoppelte damit den Umsatz. Ergebnis: Heute liegt der Exportanteil bei 80 Prozent, und China ist das bedeutendste Abnehmerland.

Bei Temperaturen von 620 Grad den Druck bändigen – das können weltweit nur wenige Spezialisten

Der Chef ist sich ganz sicher: „Ohne internationale Aufträge könnten wir zumachen.“ Denn das Geschäft in Deutschland läuft nur noch schleppend, weil die großen Stromerzeuger die Energiewende zu spüren bekommen. Der Ökostrom drückt die Preise an der Strombörse auf Tiefststände, sodass sich mit konventionellen Gas- und Kohlekraftwerken immer weniger Geld verdienen lässt.

Im Ausland aber wird nach wie vor viel in konventionelle Anlagen investiert. Und weil die Bauherren kein millionenschweres Ausfallrisiko beim Betrieb eingehen wollen, setzen sie bei den Regelventilen auf hochwertige Technik aus NRW.

Das Know-how, die kaum zu bändigen Dampfdrücke und -massen bei Temperaturen von bis zu 620 Grad Celsius sicher in den Griff zu bekommen, hat weltweit nicht einmal ein Dutzend Firmen. Die Hälfte von ihnen kommt aus Deutschland.

Wahre Künstler sind die Schweißer von Welland & Tuxhorn. Einige von ihnen haben die Lizenz, selbst im Hochsicherheitstrakt von Kernkraftwerken zu arbeiten. Locker zwölf Stunden kann es dauern, bis sie einen Stutzen untrennbar mit dem Ventilkörper verbunden haben. Dabei überwachen Infrarotkameras die Temperatur beim Schweißvorgang. Denn große Schwankungen können Risse im Material verursachen. Nicht auszudenken, wenn so ein Metall-Monster unter Volllast im Kraftwerk auseinanderfliegt!

Deshalb wird jede Armatur, bevor sie das Werk verlässt, einer Ultraschall-, Röntgen- sowie Druckprüfung bei bis zu 1.100 Bar unterzogen. Und nach Andreas Balsliemkes entspannendem Job am Glühofen geht das Regelventil ganz stressfrei zum Kunden.