Läuft doch, findet Andrea Nahles. „Entgegen lautstarker Befürchtungen gibt es durch den Mindestlohn keinerlei ökonomische Verwerfungen. Im Gegenteil: Wir haben mehr Beschäftigung.“
Wow! Wie beschwingt die Arbeitsministerin daherkommt! Ganz so, als hätte sie mit ihrem rabiaten Eingriff in die Vertragsfreiheit und die Tarifautonomie die Gesetze der Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Fakt ist: Im Jahr eins nach Einführung der Untergrenze von 8,50 Euro je Stunde stieg die Gesamtzahl der Erwerbstätigen um 324.000. Laut Gesetz legt nun bis Juni eine Kommission den Satz für 2017 fest – Nahles erwartet, dass er kräftig steigt. Doch die positive Mindestlohn-Bilanz führt in die Irre. Aus drei Gründen:
- Zu kurzfristig. Eingriffe brauchen Zeit, bis sie am Arbeitsmarkt Wirkung zeigen. So gilt die Hartz-IV-Reform 2005 heute als Wendepunkt zum Besseren – doch zunächst tat sich 15 Monate lang gar nichts.
- Zu einseitig. Der Mindestlohn gefährdete viele Jobs – doch zugleich belebte der Preissturz beim Öl die Konjunktur. Der Arbeitsmarkt fuhr sozusagen, während er in die Knie ging, im Fahrstuhl nach oben.
- Zu unpolitisch. Die jetzt von Nahles verhöhnten „lautstarken Befürchtungen“ der Wirtschaft bezogen sich nie auf den Industrie-Standort D – in den Fabriken liegen die Löhne weit über 8,50 Euro. Sondern auf die soziale Stabilität. Wenn Millionen Ungelernte keine Job-Chance mehr sehen, weil niedrige Einstiegslöhne verboten sind, entsteht Sprengstoff. Trotz des günstigen Umfelds sind jetzt viele Minijobs weg. Manch einer ist dann ganz raus. Es hilft ihm nicht, dass anderswo Beschäftigung entstand.