Frankfurt. Er hat es geschafft. Der portugiesische Sänger Salvador Sobral gewann mit dem Lied „Amar pelos dois“ (Liebe für zwei) beim Eurovision Song Contest in Kiew. Und sorgte für Jubelstürme in seiner Heimat.
Der Erfolg bei dem Liederwettbewerb ist nach wirtschaftlich schweren Jahren Balsam für das Zehn-Millionen-Volk. Staatsoberhaupt Marcelo Rebelo de Sousa schwärmte: „Wenn wir sehr gut sind, sind wir die Besten der Besten.“
Das sind neue Töne aus dem Süden Europas, selbstbewusste Töne. Und sie sind berechtigt, auch ökonomisch. Denn die einstigen EU-Sorgenkinder Portugal und Spanien überzeugen wieder mit Wachstum.
Um durchschnittlich 1,5 Prozent legte die portugiesische Wirtschaft in den letzten beiden Jahren zu, die spanische sogar um 3,2 Prozent. Anders als beim Song Contest ist bei der Wirtschaft also Spanien der Star. „Das Königreich zählt zu den wachstumsstärksten Staaten der EU“, berichtet Ralph Solveen, Vizechef Economic Research bei der Commerzbank in Frankfurt. „Auch im ersten Quartal wieder.“
Und der Aufschwung kommt bei den Spaniern an. Der Euro sitzt wieder locker. Kaufhäuser, Möbelläden und Restaurants profitieren davon. Um insgesamt 8 Prozent steigerten die Verbraucher 2015 und 2016 ihre privaten Ausgaben.
Zudem entstanden seit der Wirtschaftskrise 1,5 Millionen Arbeitsplätze. 2017 sollen 350.000 Jobs hinzukommen, prognostiziert die Unternehmensberatung Ernst & Young (EY). „In nur vier Jahren hat das Land die Arbeitslosenquote von 26 auf bald 18 Prozent gesenkt“, sagt Solveen. „Das ist eine ordentliche Leistung.“
Das 46-Millionen-Volk erntet damit die Früchte der Reformen des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy auf dem Arbeitsmarkt. Die Regierung erleichterte Entlassungen, kürzte die Abfindungen und flexibilisierte die Tarifverträge.
Die Rosskur wirkt, wie das Beispiel Auto-Industrie zeigt. Schlanker gewordene Hersteller und Zulieferer investierten Milliarden in ihre Fabriken. Im letzten Jahr produzierten sie 2,9 Millionen Fahrzeuge, so viel wie vor der Krise. Davon gingen 2,4 Millionen in den Export.
Das spült Steuern in die Kassen. „Aber die Regierung muss mehr gegen die hohen Staatsschulden tun“, mahnt Solveen. Die Neuverschuldung sei mit 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung zu hoch.
Portugal dagegen hat die Neuverschuldung im vergangenen Jahr auf 2,3 Prozent gedrückt, den niedrigsten Wert der letzten Jahrzehnte. Die neue sozialistische Regierung unter Ministerpräsident António Costa (seit Ende 2015) ging dafür bei den Investitionen auf die Bremse. Allerdings hat das Land auch enorme Schulden.
Seine Wirtschaft profitiert wie die Spaniens von Reformen am Arbeitsmarkt. Gelockerter Kündigungsschutz, geringere Abfindungen und mehr Flexibilität bei den Tarifen machten auch hier die Betriebe wettbewerbsfähiger. Die steigerten ihre Exporte in den letzten beiden Jahren um jeweils über 5 Prozent und ziehen Portugal so aus der Krise.
Die Arbeitslosigkeit ging von über 16 auf 10 Prozent zurück. Doch nun, fürchtet der Ökonom, gefährde die Regierung die Erfolge durch eine erneute Erhöhung des Mindestlohns. „Das schiebt das ganze Lohngefüge hoch und nagt an der Konkurrenzfähigkeit.“
Italien hat Einbruch nach der Krise noch nicht aufgeholt
Aber die Portugiesen sind wieder optimistisch – in Italien ist die Stimmung dagegen mau. „Europas viertgrößte Volkswirtschaft hat den Einbruch durch die Krise noch immer nicht aufgeholt“, erklärt Solveen. Im Land von Pizza und Pasta, Mode, Designermöbeln und Autos geht es nur in Minischritten von unter 1 Prozent aufwärts.
Immerhin: Die Stimmung in den italienischen Unternehmen ist jedenfalls auf dem höchsten Stand seit über neun Jahren. Von einem Erfolg à la Salvador Sobral aber sind die Italiener noch weit entfernt.