Marienheide. Zzzt – und die Kante ist sauber weggefräst. So flott kann man gar nicht gucken. „100-mal schneller als eine klassische Schruppscheibe!“, sagt Anwendungstechniker Michael Wagner, während er das neue Werkzeug für Alu, den sogenannten Alumaster, in der firmeneigenen „Pferd-Akademie“ vorstellt.

Pferd ist der Markenname für die Profi-Werkzeuge des Familienunternehmens Rüggeberg in Marienheide östlich von Köln. Der Name und das blaue Pferdchen im Logo erinnern daran, dass die Firmengründer vor rund 200 Jahren Hufraspeln gefertigt haben.

Beim Fräsen fällt kein gefährlicher Alustaub an – das macht eine Absaugvorrichtung überflüssig

Während Wagner zur Sache geht, rieseln zarte Flocken auf seinen blauen Kittel. Beim Fräsen mit dem Alumaster fallen nämlich Späne an – aber kein Staub. Das ist ein Novum. „Staub kann in die Lunge geraten und Alustaub sogar explodieren“, erklärt Wagner. „Man entsorgt ihn als Sondermüll. Die Späne dagegegen fegt man einfach zusammen.“ Deshalb brauche man beim Hantieren mit dem Alumaster keine Absaugvorrichtung.

Er ist eine Weltneuheit – und für die erhielt Rüggeberg auf der internationalen Eisenwarenmesse den diesjährigen Innovationspreis der Branche. Firmenchef Jörn Bielenberg: „Wir haben kein Produkt verbessert, sondern ein ganz neues Bauprinzip verwendet.“

Auf einer leichten, aber robusten Scheibe aus faserverstärktem Kunststoff sind zehn Wendeschneidplatten aus Hartmetall befestigt. Das Ganze montiert man auf handelsübliche Winkelschleifer, um Material abzutragen oder Schweißnähte zu glätten. Die Schneidplatten werden nach der Abnutzung gewendet oder ausgetauscht. „Der Alumaster hält 5.000-mal länger als eine Schruppscheibe“, so Bielenberg. Waggonhersteller oder Werften werden es zu schätzen wissen, weil dort viel Alu bearbeitet wird.

Rüggeberg produziert auch Feilen, Schleif- und Frässtifte, technische Bürsten sowie Trennscheiben für Metall. 1.850 Mitarbeiter hat die Firma weltweit, die auf einen Jahresumsatz von mehr als 270 Millionen Euro kommt. Sie hat es ständig mit neuen Werkstoffen zu tun, von denen manche, etwa Titan, so fest sind, dass sie sich kaum zerspanen lassen. Deshalb sind von den gut 7.500 Artikeln, die dem Trennen, Schleifen, Feilen, Fräsen, Bürsten oder Polieren dienen, jedes Jahr 500 neu oder modifiziert.

Der Mann mit dem blauem Blut

Seinen Mitarbeitern gibt Bielenberg daher Raum zum Experimentieren, ja „zum Herumspinnen“, wie er es ausdrückt. „Wir haben schon Produkte entworfen, von denen wir gar nicht wussten, wie wir sie fertigen können. Uns ist trotzdem etwas eingefallen.“

Für diese Strategie braucht er Leute, die gern Neues ausprobieren. Wie Michael Wagner. Er ist schon seit 34 Jahren im Betrieb. „Ich habe blaues Blut“, scherzt er mit Blick auf das Firmenlogo und zupft sich Späne aus dem Haar.