Endkontrolle: Routiniert greift Jan Schneider nach einem Joghurt-Tray, der hier gerade in Tausenden von Exemplaren für eine Molkerei produziert wird. Wichtig ist ihm die saubere Stanzarbeit – denn die ist mit entscheidend dafür, dass die Wellpappverpackungen auf den Abpackanlagen beim Kunden reibungslos aufgerichtet und befüllt werden können.

aktiv ist zu Gast bei Smurfit Westrock Region Süd im Werk Neuburg an der Donau. Knapp 200 Beschäftigte zählt dieser Betrieb, der seit dem Zusammenschluss der britischen Unternehmensgruppe Smurfit Kappa mit dem US-Konzern Westrock 2024 zum größten Verpackungshersteller der Welt gehört.

Einer der Mitarbeiter ist Jan Schneider. Er hat im Werk Neuburg in Kooperation mit der Hochschule München ein duales Studium zum Verpackungsingenieur absolviert, zu dem auch die Ausbildung zum Packmitteltechnologen gehört. Diese hat er 2023 sogar als Bundesbester abgeschlossen und wurde dafür auch vom Hauptverband Papier- und Kunststoffverarbeitung (HPV) ausgezeichnet. 

Ausbildung zum Spezialisten für Verpackungen

Inzwischen arbeitet er als Projektmanager und widmet sich wechselnden Aufgaben, um zum Beispiel Betriebsabläufe noch effizienter zu gestalten, Maschinen zu digitalisieren oder Prozesse durch die anschauliche Darstellung von Kennzahlen zu Energie- und Materialverbrauch oder auch Maschinenlaufzeiten und Stillständen transparenter zu machen.

Jeden Tag werden in Neuburg 75 riesige Papierrollen zu Wellpappe verarbeitet. Herzstück der Fabrik ist eine riesige Anlage, die fünf Tage die Woche rund um die Uhr Wellpappe produziert: 180 verschiedene Sorten sind möglich, die dann zu Verpackungen vorrangig für die Lebensmittel-Industrie weiterverarbeitet werden. Die sind unter anderem in den Kühltheken der Supermärkte zu finden, zum Beispiel in Form von Trays, in denen passgenau und damit transportsicher Becher mit Joghurt, Sahne oder auch Frischkäse sitzen.

„Es ist immer wieder faszinierend, diesen laufenden, ausgeklügelten Betrieb zu erleben“, sagt Jan Schneider. Dank Ausbildung plus Studium in München weiß er genau, wie die Maschinen und Anlagen funktionieren und wo es hakt, wenn es mal zu Störungen kommt.

Freigestellt fürs Studium – mit Entgelt

Sebastian Kiowski, Abteilungsleiter Auftragslogistik und Projektmanagement sowie Ausbildungsleiter für die gewerblich-technischen Berufe, ist begeistert von seinem ehemaligen Azubi. „Schon beim ersten Gespräch hatte ich ein gutes Gefühl“, erinnert er sich. Schneider wollte nach dem Abitur gerne ein duales Studium in der Verpackungsindustrie machen und bewarb sich bei Smurfit in Neuburg an der Donau. Nach dem Vorstellungsgespräch war schnell alles klar: „Sein Interesse und seine Begeisterung haben mich überzeugt“, so Kiowski, „und letztlich wurde er für uns ein Volltreffer.“

Im Herbst 2019 startete Schneider zunächst mit der Ausbildung zum Packmitteltechnologen, die in den Praxisteil des Studiums integriert ist. Die ersten 13 Monate arbeitete er komplett im Werk, danach wurde er freigestellt, konzentrierte sich aufs Studium in München und kam fast nur noch in den Semesterferien in den Betrieb.

„Trotzdem lief die Ausbildungsvergütung bis zu meinem Abschluss weiter. Ich musste mir das Studium also nicht wie andere mit fachfremden Nebenjobs finanzieren“, erzählt Schneider. Sein Fazit: „Mir gefällt es hier sehr gut. Ich liebe es, mich als Projektmanager immer wieder auf Neues einzustellen. Eine gute Basis hierfür sind meine Ausbildung und mein Studium.“

Sustainable Packaging: „Karrierechancen? Sehr gut!“ 

 

Bis 2030 sollen alle Verpackungen umweltgerecht und recycelbar ausgelegt werden. Daran arbeiten unter anderem Verpackungsingenieure. Das entsprechende duale Studium startete im Herbst 2018 an der Hochschule München mit dem Studiengang Sustainable Packaging (nachhaltige Verpackungen). aktiv sprach darüber mit Professor Dirk Burth, er betreut dieses Studium.

Wie kam es zu dem Angebot?

Der Verband der bayerischen Papier, Pappe und Kunststoff verarbeitenden Industrie kam auf uns zu, weil sich seine Mitgliedsunternehmen für einen dualen Studiengang in diesem Bereich interessierten. Gemeinsam mit der Berufsschule für Packmitteltechnologen in Lindau, der IHK und dem Verband entwickelten wir dann unser duales Studienangebot. Auf der Homepage der Hochschule München gibt es weitere Informationen dazu.

Wie kommt man an einen Studienplatz?

Über die übliche Bewerbung an der Hochschule München. Wichtiger ist es aber, ein Unternehmen zu finden, mit dem das duale Studium gemeinsam durchgeführt wird. Meist suchen die Firmen Kandidaten über Ausschreibungen. Man kann sich auch selbst bei Firmen fürs duale Studium bewerben.

Was muss man an Wissen und Fähigkeiten mitbringen?

Die Studienrichtung ist technisch ausgerichtet und spezialisiert auf die wichtigsten Ausgangsmaterialien für Verpackungen, nämlich Papier, Karton und Kunststoff. Deshalb ist ein technisches Grundverständnis das Wichtigste. Aber auch Engagement und Freude daran, etwas in die Anwendung umzusetzen, helfen sehr.

Was ist die größte Hürde für die Studierenden?

Bisher haben alle betriebliche Ausbildung plus Studium hervorragend gemeistert. Es ist bei dieser dualen Ausbildung durch die Tätigkeit im Betrieb neben dem Studium aber eine gute Belastbarkeit erforderlich, letztlich: Freude am Arbeiten.

Wie sind denn die Karrierechancen für Verpackungsingenieure?

Generell sehr gut! Da die Studierenden über die duale Ausbildung schon industrielle Praxis haben, erfolgt meist sofort ein Einstieg in anspruchsvolle Positionen.

Warum ist der Studiengang noch relativ unbekannt?

Die Verpackungstechnik ist eine Nische, die kaum bekannt ist. Das liegt sicher auch daran, dass Verpackungen – obwohl sie jeder tagtäglich in die Hand nimmt – nicht als „Produkte“ wie Autos oder Maschinen realisiert werden, für deren Entwicklung und Anwendung Spezialisten erforderlich sind. Entsprechend sind leider auch die Firmen im Verpackungsbereich weniger bekannt. Dabei würde unser Leben, wie wir es kennen, ohne Verpackungen gar nicht funktionieren.

Maja Becker-Mohr
Autorin

Maja Becker-Mohr ist für aktiv in den Unternehmen der hessischen Metall-, Elektro- und IT-Industrie sowie der papier- und kunststoffverarbeitenden Industrie unterwegs. Die Diplom-Meteorologin entdeckte ihr Herz für Wirtschaftsthemen als Redakteurin bei den VDI-Nachrichten in Düsseldorf, was sich bei ihr als Kommunikationschefin beim Arbeitgeberverband Hessenchemie noch vertiefte. In der Freizeit streift sie am liebsten durch Wald, Feld und Flur.

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