Berlin/Nürnberg. Die gute Nachricht zuerst: Frauen in Deutschland bekommen wieder mehr Kinder. „Der Rückgang der Geburtenrate scheint gestoppt“, steht in der „demografiepolitischen Bilanz“ aus dem Innenministerium – über die nun bei einem „Demografiegipfel“ diskutiert wurde.
Frauen des Jahrgangs 1968 bekamen demnach im Schnitt nur 1,49 Kinder. Für in den 1970er Jahren geborene Frauen „zeichnet sich ein Anstieg auf knapp 1,6 Kinder ab“.
Großartig zunehmen wird die Bevölkerung deswegen allerdings nicht. Nimmt man mal diese höhere Geburtenrate von 1,6, dazu einen weiteren Anstieg der Lebenserwartung und außerdem noch 300.000 Zuwanderer netto pro Jahr – selbst dann, so der Bericht aus dem Ministerium, „würde die Einwohnerzahl bis 2060 ungefähr auf dem heutigen Stand stabil bleiben“.
Immerhin: Die früher befürchtete Schrumpfkur der Bevölkerung fällt wohl aus. Die Alterung unserer Gesellschaft aber – die wird laut Bericht trotzdem „deutlich fortschreiten“, daran ändert auch die zeitweise sehr starke Zuwanderung vorerst kaum etwas.
Die ganze Wucht solcher langfristigen Prozesse verdeutlicht ein Experte mit einem Beispiel: „Selbst wenn wir mit dem Finger schnippen und die Geburtenrate auf 2,5 Kinder je Frau erhöhen, würde das den demografischen Wandel am Arbeitsmarkt für die nächsten 20 Jahre nicht aufhalten“, so Professor Enzo Weber vom IAB, dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit. Schon in naher Zukunft werden die „Babyboomer“, jene geburtenstarken Jahrgänge der 1960er, in Rente gehen: 13 Millionen Menschen nehmen dann Zug um Zug Abschied vom Arbeitsleben. Junger Ersatz ist längst nicht überall in Sicht: „Der Arbeitsmarkt wird vielerorts austrocknen“, befürchtet der IAB-Experte.
Für ganz Deutschland rechnet das Institut auf Dauer mit weniger Arbeitskräften: Selbst in einer Variante mit Nettozuwanderung von 200.000 Menschen jährlich sinkt das „Erwerbspersonenpotenzial“ von derzeit rund 46 Millionen Menschen auf knapp 39 Millionen im Jahr 2060 – dabei sind schon „höhere Erwerbsquoten von Frauen und Älteren eingerechnet“.
Kleine Unternehmen besonders betroffen
Beim Demografiegipfel hielt eine von Arbeitsministerin Andrea Nahles geleitete (und auch sonst hochrangig besetzte) Arbeitsgruppe unter anderem fest: „Das Durchschnittsalter der Belegschaften wird steigen.“ Und: „Insbesondere kleinere Unternehmen in wirtschaftsschwächeren Regionen“ würden vom demografischen Wandel „sehr konkret“ betroffen. Helfen soll da künftig ein „Unternehmensservice Demografie“, an dem sich unter anderem die Bundesagentur für Arbeit und andere Sozialversicherungsträger beteiligen.
Außerdem ist ein Grundsatzpapier über „alters- und alternsgerechte Arbeitsgestaltung“ geplant, unter Beteiligung von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Was dabei auch vorangebracht werden soll: „die Teilnahme älterer Beschäftigter an Weiterbildungsmaßnahmen“.