Es ist der Mega-Wumms! Mehr als 1 Billion Euro neue Schulden darf Deutschland aufnehmen. Das hat der Bundestag Mitte März beschlossen. Beim Thema Verteidigung etwa soll künftig eine Ausnahme von der sogenannten Schuldenbremse gelten – die schreibt eigentlich vor, dass der Staat nur so viel Geld ausgeben darf, wie er auch einnimmt. Und für die Sanierung unserer maroden Brücken, Straßen und Schienen und für den Klimaschutz wurde ein 500 Milliarden Euro schweres „Sondervermögen“ vereinbart. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum braucht es die zusätzlichen Schulden überhaupt?
Weil der Aufholbedarf bei Rüstung und Infrastruktur enorm ist. Dass wir in der aktuellen Sicherheitslage aber eine gut ausgerüstete Armee brauchen, ist offensichtlich. Und ohne eine funktionierende Infrastruktur kann die Industrie weder Waren produzieren noch Güter transportieren.
„Über viele Jahre wurde zu wenig in Verkehrswege und Brücken, aber auch in die Energieinfrastruktur investiert“, sagt Tobias Hentze, Experte für Staat, Steuern und Soziale Sicherung am Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Um das schnell aufzuholen, brauche es nun Kredite. „Das ist wie beim eigenen Haus“, erklärt Hentze. „Wenn man über Jahre nichts tut, muss man auf einmal sehr viel Geld in die Hand nehmen. Und das lässt sich nur schwer aus dem laufenden Gehalt bezahlen.“
Wofür soll das viele Geld jetzt ausgegeben werden?
In welche Projekte genau die Investitionen fließen, entscheiden Bund, Land und Kommunen. „Der wichtige Punkt ist, dass damit nur Investitionen finanziert werden, die bisher nicht im Haushalt eingestellt sind“, sagt Hentze. Das Geld soll also zusätzlich zu ohnehin geplanten Investitionen fließen. Beispiel Landesverteidigung: Hier werden nur Ausgaben oberhalb von 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, also der Wirtschaftsleistung, von der Schuldenbremse ausgenommen. Was der IW-Forscher kritisiert: „Besser wären 1,5 Prozent gewesen. Das würde wirksamer verhindern, dass Kredite eventuell doch noch zweckentfremdet werden.“
Übernehmen wir uns nicht – wir haben doch schon so viele Schulden?
Wie stark ein Staat verschuldet ist, drückt sich in der Schuldenstandsquote aus: Sie setzt die Staatsschulden ins Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt. Deutschland steht mit einer Quote von aktuell 62 Prozent gut da. Andere Industrienationen liegen weit darüber. Kritiker warnen, dass das Sondervermögen die Staatsverschuldung in zehn Jahren auf 90 Prozent treiben könnte. IW-Experte Hentze rät trotzdem zu: „Deutschland kann es sich leisten, Kredite aufzunehmen, wenn es nötig ist. Und bei Infrastruktur und Verteidigung ist es nötig.“

Ist es fair, kommenden Generationen solche Lasten aufzuladen?
Für künftige Generationen sind die neuen Kredite eine Hypothek: Schließlich werden dafür Zinsen fällig, die über Jahrzehnte aus dem Haushalt bedient werden müssen. „Dieses Geld fehlt, um inhaltlich Politik zu gestalten“, sagt Hentze. „Gleichzeitig gilt aber auch: Wenn wir die Infrastruktur weiter verkommen lassen, können wir als Volkswirtschaft in Zukunft nicht wachsen. Dann steht unser Wohlstand auf dem Spiel. Und davon haben nachfolgende Generationen auch nichts.“
Und was ist mit der Inflation?
Wenn der Staat die Nachfrage etwa nach Baumaterialien (für den Hochbau) oder Elektronikteilen (für Drohnen) erhöht, kann das die Inflation anheizen. „Damit das nicht passiert, muss die Wirtschaft schnell ausreichend Kapazitäten bereitstellen“, sagt Hentze. Das heißt: Die Unternehmen müssen ihre Produktion hochfahren – und liefern. Ansonsten verpuffen die neuen Schulden einfach. Und die Inflation steigt.

Michael Aust berichtet bei aktiv als Reporter aus Betrieben und schreibt über Wirtschafts- und Verbraucherthemen. Nach seinem Germanistikstudium absolvierte er die Deutsche Journalistenschule, bevor er als Redakteur für den „Kölner Stadt-Anzeiger“ und Mitarbeiter-Magazine diverser Unternehmen arbeitete. Privat spielt er Klavier in einer Band.
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