Frankfurt. Stress in der Schule, Sprachprobleme, wenig Durchhaltevermögen: Es gibt viele Gründe, weshalb junge Menschen den Sprung in die Ausbildung nicht schaffen. Die Wirtschaft steuert nach Kräften gegen – die Chemie-Industrie tut das seit dem Jahr 2000 mit ihrem Programm „Start in den Beruf“.
Einer der jährlich 250 Jugendlichen, die davon profitieren, ist Yohannes Yosief (19). „Es gab nur Absagen“, erzählt er aus der Zeit der Lehrstellensuche nach dem Realschulabschluss. Jetzt macht er bei Provadis, Partner für Bildung im Industriepark Höchst in Frankfurt, eine neunmonatige Basisausbildung.
70 Prozent schaffen es in die Lehre
„Die Praxis macht Spaß“, meint Yosief. „Aber die Theorie ist nicht so mein Ding.“ Sozialpädagogin Noemi Stellbogen zeigt ihm deshalb, wie man lernt. Sie hilft auch Nicolas Weidner (19), der öfter mit seinem „inneren Schweinehund“ kämpft: „Jetzt halte ich durch!“, versichert er. Glücklich über die Chance ist auch Youssef El Acbraovi (16): „Ich lerne Deutsch und werde Chemikant, mein Traumberuf.“
„Hier können die jungen Menschen zeigen, was sie draufhaben“, lobt Francesco Grioli von der Chemie-Gewerkschaft. Auch die Industrie profitiert: „Wir erschließen neue Potenziale“, unterstreicht Dirk Meyer vom Bundesarbeitgeberverband Chemie. Schließlich wird die Gesellschaft immer älter, es fehlen Fachkräfte.
Das Ziel von „Start in den Beruf“, die jungen Leute fit für die Ausbildung zu machen, wird bemerkenswert oft erreicht: Immerhin 70 Prozent der Teilnehmer beginnen anschließend eine Lehre.
Wie Jennifer Lewandowski (22) aus Hargesheim in Rheinland-Pfalz. Ab September 2011 absolvierte sie das Programm beim Reifen-Hersteller Michelin in Bad Kreuznach. Seit August 2012 macht sie dort eine zweijährige Ausbildung zur Maschinen- und Anlagenführerin.
Auf der Karriereleiter nach oben
„Jennifer hat sich so positiv entwickelt“, schwärmt Ausbildungsleiter Reiner Scheidt. „Sie ist sehr motiviert.“ Für die junge Frau geht ein Traum in Erfüllung. Fünf Jahre lang hatte sie sich in der Region beworben. „Es hat einfach nie geklappt“, sagt sie. Oft haperte es am Einstellungstest. Der Versuch, das Fach-Abi nachzumachen, scheiterte.
Jetzt schaut sie nur nach vorn: „In der Lehrwerkstatt feilen und sägen wir Metall“, erzählt sie stolz und zeigt eine Fräsmaschine. Schon bald wird sie andere Betriebsbereiche von Michelin kennenlernen.
Wer es durch die Ausbildung geschafft hat, dem stehen alle Türen offen. So macht Chemikant Yunus Taskin (27) von Evonik in Marl jetzt seinen Industriemeister Chemie – er hofft, bald als Schichtmeister ein eigenes Team zu leiten. Seit zehn Jahren arbeitet er im Chemiepark. Auch für ihn war „Start in den Beruf“ damals der Einstieg ins Berufsleben.
„Das Glück war auf meiner Seite“, sagt er. Es war nicht immer leicht, doch Taskin hat seine Chance genutzt. Für ihn ist klar: „Ich bleibe am Ball. Ich will, dass es vorwärtsgeht.“