Berlin/Brüssel. Die Corona-Pandemie beherrscht seit Monaten die Themenlage – im Privaten, aber vor allem auch in den Medien. Anderes geriet dadurch in den Hintergrund. So auch Klima- und Umweltthemen, die vor einem Jahr unser Land bewegt haben. Und das wortwörtlich, denn Tausende sind als Aufruf der „Fridays for Future“-Bewegung für den Klimaschutz auf die Straße gegangen.
Klimaziele werden auch in Corona-Zeiten weiterverfolgt
Hinter den Kulissen geht jedoch einiges voran. Denn zusätzlich zu den Milliardenhilfen, die Bundesregierung und Europäische Union (EU) für die Abfederung der Corona-Folgen bereitstellen, stecken sie auch Geld in den Klimaschutz. Bei den Hilfsprogrammen sei dies von Anfang an mitgedacht worden, sagt Roland Kube, Experte für Umweltthemen am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln. In Deutschland etwa werden beschlossene Klimaschutzinvestitionen fortgeführt. „Es ist in den Köpfen der Politiker verankert, dass wir eine Green Recovery brauchen“, sagt er. „Auch auf europäischer Ebene.“
Zwar bemängeln Kritiker, dass die EU-Staats- und Regierungschefs im EU-Haushalt weniger Geld für Klimaschutz vorsehen als gedacht – auch aufgrund von Corona. Doch die EU lasse in einem wichtigen Punkt nicht locker, so Kube: „Im EU-Klimagesetz wird das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050 festgeschrieben sowie für 2030 ein schärferes Zwischenziel formuliert, das im September bekannt gegeben wird.“
Das heißt, dass sich alle Mitgliedsstaaten mehr anstrengen müssen, um die ambitionierten Ziele zu erreichen: Statt den CO2-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu verringern, soll er um 50 bis 55 Prozent zurückgehen. 2050 möchte die EU dann klimaneutral sein.
Das tut sich derzeit in Sachen Klimaschutz auf Bundes- und EU-Ebene
Was sich auf EU- und Bundesebene sonst tut, hat aktiv zusammengestellt:
- Der Kohleausstieg ist beschlossene Sache. Noch Ende dieses Jahres wird ein erstes Braunkohlekraftwerk im Rheinland abgeschaltet, bis 2038 werden alle deutschen Braun- und Steinkohlekraftwerke stillgelegt.
- Der Anteil der erneuerbaren Energien steigt. Bis 2030 sollen 65 Prozent des Stroms aus Wind, Sonne und Co. gewonnen werden. Dafür wurde unter anderem das Offshore-Ausbauziel erweitert: Bis 2030 sollen Windkraftanlagen in Nord- und Ostsee mehr als dreimal so viel Strom erzeugen wie heute. Der Anteil der Solarenergie soll sich verdoppeln. Außerdem zahlt der Bund einen Zuschuss zur EEG-Umlage – was den Strompreis für Verbraucher günstiger macht.
- Das nationale CO2-Preissystem für fossile Brennstoffe in Verkehr und beim Heizen startet wie geplant im Jahr 2021. Der Preis erhöht sich schrittweise, sodass der Umstieg auf umweltfreundliche Alternativen attraktiver wird. Für den Heizungstausch gibt es Zuschüsse.
- Die Förderung für die energetische Gebäudesanierung wurde aufgestockt.
- Der Photovoltaik-Ausbau wird weiter gefördert. Ursprünglich sollten Zuschüsse nur bis zu einer installierten Gesamtleistung von 52 Gigawatt fließen. Dieser Deckel ist aufgehoben.
- Der Verkehr soll umweltfreundlicher werden. Daher gibt es mehr Geld für den öffentlichen Personen-Nahverkehr, Radwege und die Bahn.
- Seit Anfang Juli gilt eine höhere Kaufprämie für E-Autos. Gleichzeitig wird die Ladesäulen-Infrastruktur ausgebaut.
- Insgesamt 9 Milliarden Euro sieht die Bundesregierung für die Wasserstoffstrategie vor. Damit sollen Forschung und Entwicklung dieses emissionsarmen Energieträgers vorangetrieben werden.
- Auf EU-Ebene werden neue Gesetze kommen, um die verschärften Klimaziele der EU umzusetzen. So wird wohl auch das bisherige Emissionshandelssystem angepasst werden müssen. Es regelt den Zertifikatehandel für Emissionen des Energiesektors, der Industrie sowie des innereuropäischen Luftverkehrs.
- Angepasst werden muss auch das Lastenverteilungsabkommen. Es regelt, um wie viel jeder EU-Mitgliedsstaat seine sonstigen Treibhausgasemissionen etwa aus dem Verkehr oder Gebäudesektor bis 2030 vermindern muss, um das EU-Gesamtziel zu erreichen.