Hameln. Mit geübten Handgriffen spannt Murat Cinakli den Zahnkranz ein. Und setzt das Präzisionsmessgerät in Gang. Langsam fährt der Taster über das Werkstück, sammelt Tausende Messpunkte ein. Es geht um Präzision: um wenige Tausendstel Millimeter!

Der Zerspanungsmechaniker Cinakli arbeitet in der neuen Produktionshalle der Firma Premium Stephan in Hameln. Hier soll demnächst die Serienfertigung eines hochpräzisen Getriebes starten, mit dem man vor allem den asiatischen Markt erobern will.

Erfolgreiche Testreihen bei Roboter-Herstellern

1 Million Euro hat das Unternehmen in die Entwicklung gesteckt. Das Produkt, so wird betont, ist weltweit einzigartig. Mit Experten des Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie in Aachen sowie der Leibniz-Uni Hannover entwickelten Techniker und Ingenieure das sogenannte Melior Motion Getriebe.

„Es besticht durch die außergewöhnliche Präzision“, sagt Vertriebsmanager Matthias Nentwig. „Durch seine extreme Langlebigkeit und durch den hohen Wirkungsgrad, also die Energieeffizienz.“ 20.000 Stunden Lebensdauer garantieren die Hamelner. Herkömmliche Produkte bringen es auf etwa die Hälfte.

Zum Einsatz kommen soll das neue Produkt vor allem in Robotern der Automobil-, Elektronik- und Handy-Industrie. Die müssen punktgenau positionieren, Schweißpunkte setzen und lasergesteuert arbeiten. Die benötigten Getriebe müssen hohen Beschleunigungen und enormen Kräften standhalten. Nentwig berichtet von vielen erfolgreichen Testreihen „bei Roboterherstellern und in Forschungseinrichtungen“.

Dabei hatte die Traditionsfirma lange Zeit eher mit negativen Schlagzeilen zu kämpfen. Sie wurde Anfang der 90er-Jahre an einen britischen und später an einen US-Konzern verkauft. Ein Jahrzehnt lang wurde in Hameln nicht investiert, die Zahl der Mitarbeiter sank stetig (aktuell 150), es gab Verluste. Erst mit der Übernahme durch den indischen Getriebespezialisten Premium Transmission Ltd. geriet man wieder in ruhigeres Fahrwasser.

Die neue Muttergesellschaft schloss ein Bündnis mit Belegschaft und Gewerkschaften, gab eine Standortgarantie ab und investierte kräftig in Forschung und Entwicklung. Zudem nahm der Konzern 2 Millionen Euro für Maschinen und Anlagen in die Hand: Es entstand eine neue 630 Quadratmeter große, komplett klimatisierte Halle mit modernsten Fertigungsmaschinen. Geplant sind weitere Investitionen von 7 Millionen Euro.

Premium-Stephan-Geschäftsführer Chris Morrell ist zuversichtlich: Innerhalb der nächsten fünf Jahre will man den Getriebeabsatz auf 40.000 Stück pro Jahr verdoppeln und zugleich Umsatz und Ergebnis in die Höhe treiben. Dafür brauchen die innovativen Hamelner erfahrene Fachkräfte. „Wir planen Neueinstellungen“, bekräftigt Morrell.

Das Unternehmen

  • Der Antriebstechnik-Spezialist wurde 1908 von Alfred Stephan in Sachsen gegründet.
  • Nach dem Krieg zog man nach Hameln – und fertigte 1955 den millionsten Stephan-Motor.
  • Seit 2011 gehört das Werk zu Premium Transmission Ltd. aus Indien. Es erwartet für dieses Jahr 24 Millionen Euro Umsatz bei 80 Prozent Exportanteil.