Zweimal hat die SPD schon Nein gesagt zu der Option, weiter dieses Land zu regieren: am Abend der Bundestagswahl vom 24. September und am 19. November nach dem Scheitern von Jamaika. Kommt am 21. Januar, nach den Sondierungen mit der Union, endlich das Jawort? Und: wofür genau?

Weil der ältesten Volkspartei Deutschlands die Richtung selbst nicht klar ist – im Kern deshalb steht die Republik politisch still. Die SPD weiß nicht mehr so recht, wofür sie da ist. Auf die Hälfte ihres Stimmenanteils von 1998 zurückgeworfen, in die Zange genommen durch zwei im Arbeitermilieu fischende Protestparteien, scheut sie nun die Verantwortung.

Dabei ist ihr Gestaltungsauftrag so forsch formuliert! „Den Menschen verpflichtet“, heißt es im Grundsatzprogramm, „in der stolzen Tradition des demokratischen Sozialismus, mit Sinn für Realität und mit Tatkraft stellt sich die deutsche Sozialdemokratie in der Welt des 21. Jahrhunderts ihren Aufgaben.“

Als da wären: die Digitalisierung unseres privaten und betrieblichen Alltags, die globalisierten Wertschöpfungsketten, die zum Glück immer längere Lebenserwartung als Herausforderung an die Sozialsysteme. All das gilt es mit Tatkraft zu gestalten. Natürlich auch mit Sinn für soziale Gerechtigkeit, solange dieser mit dem Sinn für Realität gepaart ist.

In ihrer traditionellen Kernzielgruppe Arbeiterschaft fiel die SPD bei der Wahl fast hinter die AfD zurück. Das korrigiert man nicht, indem man sich verkrümelt. Sondern indem man den Anspruch „Den Menschen verpflichtet“ konkret umsetzt: preisgünstiges Bauen, bezahlbarer Strom, einigermaßen freie Fahrt, wenig Bürokratie, starke Betriebe, mehr Netto vom Brutto, Schulen für das 21. Jahrhundert.