Bad König. Ein Fototermin in der Pulverbeschichtung? Stefan Scharmann zögert nicht, auch wenn sein Arbeitsplatz eigentlich der Schreibtisch ist. AKTIV sprach mit dem Geschäftsführenden Gesellschafter von Jakob Maul in Bad König. Das traditionsreiche Familienunternehmen gilt als der innovativste Hersteller für Nischenprodukte des Bürobedarfs.
Ihr Urgroßvater, Jakob Maul, startete 1912 mit der Herstellung von Brieföffnern. Und die sind bis heute im Sortiment?
In anderer Ausführung, ja. Auch das sind Nischenprodukte. 180 Maulaner fertigen an zwei deutschen Standorten Flip-Charts, Leuchten und vieles mehr. Wir sind der Weltmarktführer für Solarwaagen und haben als Erste LED-Schreibtischleuchten mit Farbsteuerung hergestellt. Im aktuellen Katalog präsentieren wir 250 Neuheiten. Wir sprühen vor Ideen. Und wir heben uns bewusst von den Firmen ab, die keinen Wert darauf legen, wo und wie sie produzieren.
Wie wird denn bei Jakob Maul produziert?
Als Markenhersteller, angesiedelt mitten im Odenwald, ist ein ressourcenschonender Umgang mit der Natur für mich selbstverständlich. Wir suchen immer nach ökologischem Verbesserungspotenzial in der Produktion und bei den Produkten. Beispiele sind hier die lösemittelfreie Pulverbeschichtung, die LED-Leuchten oder unsere Solarbriefwaagen, die jährlich Hunderttausende von Batterien einsparen. Wir denken auch an die nächsten Generationen.
So behaupten Sie sich am Markt?
Ja, und zwar an einem schwierigen Markt, der durch Billigimporte aufgemischt wird, aber auch durch den Trend zum papierlosen Büro. Vor Jahren schon haben wir deshalb angefangen, hochwertige Leuchten zu entwickeln, mit denen wir heute etwa ein Fünftel unseres Umsatzes erzielen. Die eigene Entwicklung und der eigene Werkzeugbau helfen uns, die Ideen in der Produktion dann auch schnell realisieren zu können.
Welche Rolle spielt bei Ihnen Wachstum?
Obwohl unser Markt so im Wandel ist, entwickeln wir uns gut. Wir haben gute Produkte, und auch unser Online-Bereich wächst. Zudem konnten wir Firmen dazukaufen, und wir kooperieren mit einem französischen und einem japanischen Unternehmen. Man muss wachsen. Man braucht eine gewisse Größe, um für neue Mitarbeiter attraktiv zu sein, um in unserer Branche mit Kunden verhandeln zu können oder auch alle Aufgaben zu bewältigen, die nicht zuletzt der Staat durch immer neue Erlasse auf unsere Schultern legt.
Wie fördern Sie Kreativität und Begeisterung?
Vielleicht durch den Geist unseres Hauses? Mit der Tradition wurden in unserem Familienunternehmen auch alte Werte weitergegeben. Fairness, Respekt, Ehrlichkeit, Toleranz und Wertschätzung haben bei uns einen hohen Stellenwert im Umgang mit Menschen, gleich, ob es um Kunden, Zulieferer oder Mitarbeiter geht. Wer einen Job sucht, bei dem nur die Kohle stimmt, der ist bei uns falsch.
Und wie leben Sie diese Werte?
Es beginnt bei einem freundlichen Gruß und einem offenen Ohr. Man kann viel machen, um Wertschätzung zu zeigen. Wir beteiligen die Mitarbeiter am Gewinn, handeln für sie Einkaufsvorteile aus und manches mehr. Wir bilden aus, vergeben regelmäßig Aufträge an Werkstätten der Lebenshilfe, und wir haben Konzepte, um selbst schwerstbehinderte Menschen zu beschäftigen. Dafür wurden wir sogar ausgezeichnet.
Hört sich einfach an …
Es ist harte Arbeit. Man muss Raum für Ideen geben, auch andere entscheiden lassen. Bei uns gibt es etliche Arbeitskreise, die kreativ an ihre Aufgaben drangehen, ob es um betriebliches Gesundheitsmanagement geht oder einen Messeauftritt. Die Entscheidungsfreiheit geht sehr weit.
Das ist kein Problem für Sie?
Nein. Ich setze bewusst auf eine sehr flache Hierarchie. Auch der Mitarbeiter in der Produktion kann an seinem Arbeitsplatz selbst gestalten und Entscheidungen treffen. Meine Mitarbeiter wissen, wann sie mich oder Vorgesetzte im Zweifel einschalten müssen. Wir haben schon Produkte auf den Markt gebracht, die ich nicht favorisiert habe. Aber wenn das Team überzeugt ist, das wird ein Knaller, gehe ich darauf ein. Und wenn wir Erfolg haben, feiern wir das gemeinsam.
Zur Person

- 1964 in Bad König geboren, verheiratet, ein Sohn
- Studium der Betriebswirtschaftslehre in Nürnberg
- 1991 Eintritt in das Familienunternehmen Jakob Maul
- Seit 1996 Geschäftsführer
- Seit 2005 Vorstandsmitglied im Verband der PBS-Markenindustrie