Impfen – das ist in Zeiten der Pandemie das beste Mittel zur Bekämpfung von Covid-19, sagen Experten. Doch viele Menschen machen sich Sorgen um die Folgen einer Impfung. Oder sie befürchten eine Bevormundung durch den Staat. Den Belegschaften in den Betrieben geht es nicht anders. Wie es um die Corona-Impfungskampagne aktuell steht, erklärt Tobias Limbach, Leiter des Gesundheitsmanagements von Röhm in Worms.
Die Impfstoffentwicklung ging schnell, ist sie trotzdem sicher?
Es stimmt schon, die Entwicklung anderer Impfstoffe hat in der Vergangenheit teilweise Jahre oder Jahrzehnte gebraucht. Hier ist die Sache anders, was mich freut. Es geht um Corona-Viren, an denen man schon lange forscht. Daher haben die Wissenschaftler bereits Erfahrung, und für die Entwickler ist der Prozess nicht neu. Zudem fließt wegen der Pandemie sehr viel Geld in die Entwicklung. Allein die USA investieren Milliarden Dollar, um die Sache voranzubringen. Aufgrund der Pandemie gab es zudem viele Studienteilnehmer. Gut ist auch, dass sich die Behörden auf das Zulassungsverfahren der Impfstoffe fokussieren, nicht weniger gründlich, aber eben schneller.
Sind alle Impfstoffe gleich gut, oder kann ich einen aussuchen?
Derzeit sieht es nicht nach einer Wahlmöglichkeit aus. Aber ich kann sagen, dass jeder zugelassene Impfstoff ständig geprüft wird. Denn die Zulassung durch die Behörden gibt es nur dann, wenn Impfstoffe einen Nutzen zeigen, der die Risiken überwiegt. Wichtig ist auch, dass alle diese Impfstoffe sehr gut vor schweren Verläufen der Krankheit schützen. Und das ist ja das Entscheidende.
Man hört immer wieder von schlimmen Nebenwirkungen …
Typisch sind lokale Reaktionen wie Druckempfindlichkeit oder Schmerz an der Einstichstelle. Es können auch Müdigkeit, Kopfschmerz, ein leichtes Krankheitsgefühl oder Muskelschmerzen auftreten. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bisher kaum beobachtet und sind nur im erwarteten Maß aufgetreten. Nachdem nach der Impfung mit AstraZeneca seltene Nebenwirkungen aufgetreten sind, haben die Behörden sofort eine Nutzen-Risiko-Bewertung vorgenommen. Generell muss man bedenken, dass wir gegen eine schwere Krankheit impfen. Mein Kollege sagte kürzlich: „Selbst wenn ich nach dem Impfen Krankheitssymptome habe – lieber bleibe ich einen Tag im Bett als zwei Wochen oder länger auf einer Intensivstation.“ Das muss man klar abwägen.
Verändern genbasierte Impfstoffe eventuell mein Erbgut?
Nach allem, was man bisher weiß, ist das nicht der Fall. Bei genbasierten Impfstoffen nutzt man dafür die sogenannte Boten-RNA. Die ändert die Erbinformation der Geimpften nicht.
Helfen die Impfstoffe gegen die neuen Mutanten?
Zum jetzigen Zeitpunkt scheinen viele Impfstoffe auch gegen die britische Variante zu wirken. Bei der südafrikanischen Mutante fehlen noch Studien, um genaue Aussagen treffen zu können. Ob sich die Impfstoffe generell anpassen lassen, kann ich nicht beantworten – aber es sieht so aus. Die Pharmakonzerne arbeiten daran.
Werden alle zwangsweise geimpft?
Natürlich nicht! Es gibt hoffentlich bald für alle ein Impfangebot. Ich freue mich über jeden, der einen Beitrag dazu leistet, dass diese Pandemie beendet wird. Ich bin bereits geimpft, da ich zum medizinischen Personal gehöre. Aber natürlich gibt es derzeit keine Pflicht, sich impfen zu lassen.
Schützt mich bereits die erste Impfung zuverlässig?
Nein, bei fast allen Impfungen ist eine zweite Impfung nötig. In der Zeitspanne dazwischen muss man aufpassen: Hygienemaßnahmen wie Abstand, Maskentragen und Händewaschen müssen streng beachtet werden. Die Impfung eines Einzelnen verändert nicht unsere pandemische Lage.
Wann wird denn endlich wieder alles ganz normal im Betrieb?
Tja, das ist eine spannende Frage. Wenn man liest, was der Verband der Intensivmediziner sagt oder die Ständige Impfkommission, bin ich zuversichtlich, dass wir im Herbst so weit sein könnten. Wir hoffen, dass bald ein großes Angebot an Impfdosen bereitsteht und es damit einen deutlichen Fortschritt beim Impfen geben wird. Eine Prognose ist schwierig, aber es wäre schön, wenn wir es schaffen.
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Dr. Sabine Latorre war bei aktiv 22 Jahre lang die Spezialistin für Themen aus der Chemie- und Pharma-Industrie – bis zu ihrem Rentenbeginn im April 2024. Sie liebt es, komplizierte Zusammenhänge einfach darzustellen – so schon vor ihrer Zeit bei aktiv als Lehrerin sowie als Redakteurin für die Uniklinik Heidelberg und bei „BILD“. Außerdem schreibt sie naturwissenschaftliche Sachbücher für Kitas und Schulen. Privat reizen sie Reisen sowie handwerkliche und sportliche Herausforderungen.
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