Berlin. Die Lufthansa streicht Flüge ins Ausland, Großveranstaltungen wie die Internationale Tourismusbörse in Berlin oder die Leipziger Buchmesse fallen aus, Unternehmen verzichten auf Geschäftsreisen: Inzwischen hat das Coronavirus auch die deutsche Wirtschaft infiziert.
Die neuartige Lungenkrankheit ist eine große Gefahr für die ohnehin kränkelnde Konjunktur. Sie sei ein „Stresstest für die Wirtschaft“, warnte schon früh Joachim Lang, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie: „Die Auswirkungen sind in der globalen Wirtschaft und der exportorientierten deutschen Industrie deutlich zu registrieren.“
Besonders betroffen: Unser wichtigster Handelspartner China
Egal, was das Jahr 2020 neben Corona sonst noch mit sich bringt: Die amerikanische Investmentbank Goldman Sachs prognostiziert jetzt, dass die deutsche Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 0,2 Prozent sinken (!) wird. Die Bundesrepublik leide unter dem schwächeren globalen Wachstum und exportiere mehr als andere Länder nach China.
Das Fernostland ist ja längst Deutschlands bedeutendster Handelspartner: Auf die Volksrepublik entfielen zuletzt 8,5 Prozent unseres gesamten Außenhandels. Und wenn in Teilen Chinas alles stillsteht, spüren das natürlich auch die Unternehmen hierzulande, die aus dem Land Bauteile beziehen oder ihre Produkte dort verkaufen.
Metall- und Elektro-Industrie steckt schon mitten in der Rezession
Sorgen machen sich vor allem in der Metall- und Elektro-Industrie breit. Sie steckt schon seit Frühjahr 2019 in der Rezession, nun droht ein weiterer Rückgang des Geschäfts. Dabei herrscht die größte Unsicherheit bei den Autofirmen und den Maschinenherstellern.
Der Anlagenbau profitierte über viele Jahre wie kaum eine andere Branche vom wirtschaftlichen Aufstieg des Riesenreichs, das kräftig in neue Fabriken investierte. Doch jetzt lahmt in China die Konjunktur, niemand weiß, wann das Land zur Normalität zurückkehrt.
Auch die Autoproduzenten, die zahlreiche Werke in Fernost betreiben, betrachten die Entwicklung mit großer Sorge. In den ersten zwei Februar-Wochen ging die Zahl der Autoverkäufe in China um 92 Prozent zurück. Und 60 Prozent aller Fahrzeuge, die in China gekauft werden, stammen von ausländischen und somit auch deutschen Marken.
Clemens Fuest, Präsident des Wirtschaftsforschungsinstituts Ifo, warnt denn auch vor „massiven Folgen“ für die deutsche Industrie – und mahnt Hilfe der Politik an: Sie müsse klarmachen, alles zu tun, was notwendig sei. Mögliche Optionen, so Fuest, sind eine Ausweitung des Kurzarbeitergeldes sowie Notkredite für Unternehmen, die wegen der Unterbrechung ihrer Lieferketten in Schwierigkeiten geraten.
Auch die Industriestaatenorganisation OECD in Paris hat Alarm geschlagen. Die Epidemie sei die größte Gefahr für die Wirtschaft seit der Finanzkrise 2008.
OECD hat Wachstumsprognose für 2020 deutlich gesenkt
„Das Virus droht“, betonte die OECD-Chefvolkswirtin Laurence Boone, „der Weltwirtschaft einen zusätzlichen Schlag zu versetzen.“ Dabei sei diese schon jetzt durch Handelsstreitigkeiten und politische Spannungen geschwächt.
OECD-Prognose: Bessert sich die Lage nicht bald und sollten noch mehr Länder vom Virus infiziert werden, könnte sich das weltweite Wachstum in diesem Jahr in etwa halbieren – man rechne dann mit 1,5 (statt bisher 2,9) Prozent.