Nach erfolgreichen Modellprojekten bieten Betriebsärzte bald bundesweit Impfmöglichkeiten. Annette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, erläutert im Interview, was man dazu wissen muss.

Wenn die Betriebsärzte bald impfen – kommt dann jeder Beschäftigte schnell dran?

Auf jeden Fall lassen sich so sehr viele Menschen direkt erreichen. Denn ob Großunternehmen oder Zwei-Mann-Betrieb: Sie alle werden betriebsärztlich betreut – durch Werkärzte, betriebsärztliche Dienste und freie Betriebsärzte.

Wie geht das in den vielen Betrieben ohne eigene Werkärzte?

Das kann beispielsweise über Betriebsärzte geschehen, die in ihren Praxen Mitarbeiter mehrerer Unternehmen betreuen.

Wird es genug Impfstoff geben?

Der Impfstoff wird anfangs leider weiter knapp sein. Es muss also ein Verteilschlüssel gefunden werden. Hausärzten beispielsweise wurden Höchst- und Mindestmengen zugeteilt. Sollte es bei Betriebsärzten ähnlich laufen, muss entschieden werden, wer wie viele Impfstoffdosen erhält.

So einfach wie bei Grippeimpfungen wird es wohl nicht?

Das stimmt, insbesondere der organisatorische Aufwand ist größer – etwa, weil nicht einfach zehn Menschen im Wartezimmer sitzen dürfen. Und das Vakzin ist typischerweise empfindlicher als das gegen die Grippe. Zudem sind damit zwei Immunisierungen nötig. Und die Bürokratie ist größer, weil die Meldepflichten ans Robert-Koch-Institut aufwendig sind. Hinzu kommt: Kein Unternehmen kann Impfstoff in Eigenregie besorgen – er wird staatlich zugeteilt.

Wie wird der Impfstoff verteilt?

Das übernehmen Apotheken. Direktlieferungen etwa von den Impfstoffherstellern an die Betriebe oder Betriebsärzte sind nicht vorgesehen. Wenn geliefert wird, ist das Impfzubehör dabei – also etwa Spritzen, Kanülen und die Salzlösung, mit der Impfstoffe einsatzfertig gemacht werden. Unternehmen, die bereits Impfzubehör auf eigene Kosten beschafft haben, könnten überlegen, dieses gegen Erstattung des Einkaufspreises an den Großhandel zurückzugeben.

Und die sonstigen Kosten?

Für Beschäftigte ist die Impfung grundsätzlich kostenfrei. Was die Betriebe betrifft, hängen die Zusatzkosten von der Vereinbarung ab, die sie mit ihrem Betriebsarzt schließen.

Werden auch Familienangehörige von Mitarbeitern geimpft?

Einige Unternehmen haben diese Möglichkeit jedenfalls bereits angekündigt, wenn mehr Impfstoff da ist. Das hängt nicht zuletzt von den verfügbaren Impfstoffmengen sowie den Möglichkeiten vor Ort ab.

Und wenn Beschäftigte Vorbehalte haben?

Zunächst einmal: Die Zahl derer, die lieber heute als morgen geimpft werden wollen, ist stetig gestiegen. Doch niemand ist zum Impfen verpflichtet. Über die Immunisierung sollte im Betrieb gut aufgeklärt, die Vorteile sollten benannt werden. Die Betriebsärzte können auf Ängste der Menschen eingehen. Im Übrigen gilt die Schweigepflicht darüber, wer sich hat impfen lassen und wer nicht.

BASF impft bereits

Im Modellprojekt „Betriebsarztimpfungen“ immunisiert die BASF ihre Mitarbeiter schon seit Mitte April im eigenen Impfzentrum in Ludwigshafen.

Unterstützt von Wir. Hier.

Stephan Hochrebe
aktiv-Redakteur

Nach seiner Redakteursausbildung absolvierte Stephan Hochrebe das BWL-Studium an der Universität zu Köln. Zu aktiv kam er nach Stationen bei der Funke-Mediengruppe im Ruhrgebiet und Rundfunkstationen im Rheinland. Seine Themenschwerpunkte sind Industrie und Standort – und gern auch alles andere, was unser Land am Laufen hält. Davon, wie es aussieht, überzeugt er sich gern vor Ort – nicht zuletzt bei seiner Leidenschaft: dem Wandern.

Alle Beiträge des Autors