Für Geschäfte mit Chinesen reicht verhandlungssicheres Englisch oft nicht aus. Es gibt auch etliche kulturelle Unterschiede. In welche Fettnäpfchen Geschäftsleute treten können, erzählt Hermann Siebdrat. Er lehrt Wirtschaftsinformatik an der Technischen Hochschule Köln und hat eine Honorarprofessur im Jiangsu College of Information Technology im chinesischen Wuxi. Er ist schon mehr als 80 Mal ins Reich der Mitte gereist.

Pünktlichkeit

Chinesen sind meistens sogar früher da als vereinbart. „Das sollte man auf dem Schirm haben – falls man selbst noch schnell etwas vorbereiten muss, bevor die chinesischen Gäste ankommen“, so Siebdrat.

Begrüßung

„Die traditionelle Begrüßung ist eine Verbeugung, aber inzwischen ist der Händedruck üblich“, so Siebdrat. Viel mehr Beachtung als bei uns bekommt dann der Austausch der Visitenkarten. Die spielen eine große Rolle. „Es ist üblich, dass man in Anwesenheit seines Gegenübers die Visitenkarte durchliest und sie nicht achtlos in der Hosentasche verschwinden lässt wie bei uns.“ Besser sei es, sie vor sich auf den Tisch zu legen. Damit die chinesischen Partner die Karten auch lesen können, haben die meisten Geschäftsleute inzwischen eine deutsche beziehungsweise englische und eine chinesische Seite.

Gastgeschenke

Wenn man in China eingeladen wird, ist ein Gastgeschenk obligatorisch. Aber Vorsicht: „Auf keinen Fall Blumen übereichen. Die bringen die Chinesen eher mit Tod und Trauer in Verbindung“, sagt der China-Experte. „Und Messer, wie etwa welche aus Solingen oder der Schweiz, gehen auch nicht. Damit würde ich symbolisieren, dass ich die Freundschaft zerschneiden möchte.“ Unverfänglich sei da etwa eine gute Flasche Rotwein.

Besprechungen

Wenn wir in einer Besprechung sind oder in einer Konferenz, ist es üblich, dass wir unser Smartphone aus-, leise oder in den Flugmodus schalten. Das tun die Chinesen nicht. „Es ist in China völlig normal, dass in Meetings das Telefon klingelt und man dann auch rangeht“, so Experte Siebdrat. „Auch Referenten, die gerade einen Vortrag halten, unterbrechen ihn, um zu telefonieren.“ Ob das Gespräch dienstlich oder privat ist, spielt dabei keine Rolle.

Geschäftsessen

Beim Essen spielt die Sitzordnung eine große Rolle. „Der Ranghöchste sitzt immer am weitesten entfernt von der Tür. Aber so, dass er sie im Blick hat“, erklärt Hermann Siebdrat. Der wichtigste Gast sitzt rechts neben ihm. Sowieso spielt in China Hierarchie eine wichtige Rolle. Die Wahl des Essens trifft immer der Gastgeber. Eine Speisekarte gibt es nicht. Alle essen das Gleiche. Und natürlich gilt: je wichtiger ein Deal, desto hochwertiger das Essen.

Übrigens: Nase putzen beim Essen geht nicht. Das finden die Chinesen überaus unhygienisch und ekelhaft.

Alkohol

Der Gastgeber bestimmt, ob es Bier, Schnaps oder Wein gibt. „Ich trinke aber nicht einfach, bis das Glas leer ist, und dann bekomme ich ein neues. Sondern man trinkt nur, wenn einer einen zum Anstoßen auffordert“, so Siebdrat. Und Anstoßen heißt nicht einfach Gläser aneinanderknallen: „Es kommt darauf an, wo der Rand meines Glases den Rand des anderen berührt. Ich versuche immer etwas unter seinem Rand zu bleiben. Damit erweise ich ihm die Ehre.“

Small Talk

Über ein klassisches Small-Talk-Thema in Deutschland verlieren die Chinesen kein Wort: das Wetter. „Sie denken: Warum soll man darüber reden, man kann es ja ohnehin nicht ändern“, erklärt Siebdrat. Dafür sind die Chinesen direkter. „Es kann passieren, dass Sätze fallen wie: Sie haben aber gut an Gewicht zugelegt. Was bei uns eine Beleidigung ist, ist bei den Chinesen ein Kompliment. Es bedeutet so was wie: Sie sehen gut aus, Sie können sich gutes Essen leisten.“ Geeignete Themen sind Sport, Autos oder Familie. Politik ist ein No-Go. Meistens sind die Geschäftsessen lustig und lautstark. Was die Chinesen aber nicht an den Tag legen, ist Selbstironie. „Man macht sich nicht über sich selbst lustig. Das käme einem Chinesen nie in den Sinn.“

Verabschiedung

Für uns ist es eine absolute Selbstverständlichkeit, dass wir uns verabschieden, beispielsweise nach einem Geschäftsessen. Siebdrat: „Die Chinesen tun das oft nicht. Sie stehen einfach auf und gehen. Das ist für uns befremdlich, aber nicht persönlich zu nehmen. Das ist völlig normal.“