Montabaur. In seiner Schicht schmeißt Jens van Kampen die Kosmetikproduktion ganz allein. Der Chemikant kontrolliert beim Unternehmen Ursa Chemie in Montabaur die Abläufe, hat die Anlagen genauestens im Blick. Er mischt Roh- und Zusatzstoffe für Kosmetika. Dazu gehören zum Beispiel Konservierungsmittel und Konzentrate für Babyfeuchttücher.
Hygiene ist das A und O. „Man muss sehr ordentlich und sauber arbeiten“, sagt der 31-Jährige. Das gilt auch für die Technikabteilung, wo etwa Weichmacher oder Bremsflüssigkeiten entstehen. Hier vertritt er bei Bedarf die Kollegen. Dass teils unter Explosionsschutz gearbeitet wird, ist für ihn kein Problem.
Hohe Flexibilität und breites Know-how
Van Kampen gefällt die Abwechslung in seinem Job. „Jeder Tag ist anders“, schwärmt er. Das Besondere: Ursa Chemie ist Lohnhersteller. Die Produkte des Unternehmens finden sich in 20 Branchen wieder, zum Beispiel in der Galvano-Industrie. Der Betrieb arbeitet auch für Lebensmittelhersteller und Automobilzulieferer.
Langeweile kommt da nicht auf: „Große Firmen fahren oftmals 24 Stunden ein einziges Produkt“, sagt van Kampen. „Bei uns gibt es über 800.“ Das bedeutet einen täglichen Wechsel in den Kesseln und jeweils gründliche Reinigungen.
Ursa versteht sich als Problemlöser: „Die Kunden kommen auf uns zu, wenn sie etwas nicht selbst produzieren können, dürfen oder wollen“, erklärt Geschäftsführer Rainer Bloedhorn-Dausner das Firmenmodell. „Das verlangt eine sehr hohe Flexibilität und ein breites Know-how.“ Die Mitarbeiter müssen die Herstellervorschriften verstehen und ein Gefühl für die Vielfalt der Produkte entwickeln. „Das kann man schlecht von außen mitbringen“, so der Chef.
Die Ausbildung ist für den 55-Mann-Betrieb deshalb immens wichtig. Die Hälfte der Mannschaft hat ihren Beruf im Haus gelernt – auch Jens van Kampen. Seit 2001 ist er im Unternehmen. „Ein Azubi bekommt hier früh Verantwortung übertragen“, erzählt er. Man fängt mit einfachen Aufgaben an: „Zwei Flüssigkeiten mischen, später einen Feststoff hinzufügen, heizen.“ Bis man in der Lage ist, komplizierte Produkte herzustellen.
Die zahlreichen Rezepturen muss van Kampen zwar nicht auswendig können. Der Computer zeigt ihm die Schritte je nach Produkt und Chargennummer an. Ohne Kopfarbeit geht am Ende aber nichts: Die Berechnung der nötigen Füllmengen nimmt ihm die Maschine nämlich nicht ab. Und im Ernstfall muss der Facharbeiter alle Vorgänge umgehend per Hand steuern können.
„Der Mensch muss in der Lage sein, die Technik durch seinen Verstand zu ersetzen. Das kann der Jens“, lobt Meister Gebhard Linscheid. Der Betriebsleiter hat bei Ursa Chemie schon 21 junge Leute ausgebildet.
Für den Beruf Chemikant sei es nicht immer leicht, den passenden Nachwuchs zu finden. Die Schulnoten in Mathematik und Naturwissenschaften müssen zum Beispiel stimmen. Bewerbermangel herrscht bei Ursa dennoch nicht. Im Gegenteil. Linscheid: „Unsere Mitarbeiter empfehlen uns weiter. Das ist die beste Werbung.“