Leuna. Kaum ist im Mai die jährliche Komplett-Abschaltung für den General-Check der Anlage vorbei, steht bei Arkema Leuna die nächste Sicherheitsüberprüfung an. „Einmal im Jahr müssen alle Schläuche untersucht werden“, erklärt Clelia Birkigt das aktuelle Projekt. Die Ingenieurin ist Leiterin Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz in dem Betrieb zur Produktion von Wasserstoffperoxid. Ihr Job ist die Sicherheit.

Über 15 Jahre ohne meldepflichtigen Unfall

Derzeit ist es die Sicherheit der Schläuche. Einen nach dem anderen montieren Chemikant Tobias Möhrling und einige Kollegen ab. Sie prüfen jeden Zentimeter Schlauch gründlich auf kleinste Risse. Denn der Umgang mit dem ätzenden Endprodukt, das als Bleich- und Desinfektionsmittel genutzt wird, ist nicht ohne Risiko. Und auch nicht der mit dem Vorprodukt Wasserstoff. Das Motto von Sicherheitsexpertin Birkigt lautet deshalb: Aufmerksamkeit und Risikoerkennung sind die Basis der Peroxid-Produktion.

Kein Wunder, dass es im Werk mittlerweile mehr als 5.500 Tage keinen meldepflichtigen Arbeitsunfall mehr gab. Das sind über 15 Jahre, eine enorme Leistung. Dabei liefert die Anlage jährlich einige Zehntausend Tonnen Wasserstoffperoxid an Kunden in Papier-, Textil- und Chemie-Industrie. „Die unfallfreie Produktion ist aber nicht allein mein Werk“, hebt Birkigt hervor: „Nur wenn sich jeder der 40 Beschäftigten immer an die Regeln hält, jedes Risiko vermeidet, ist das zu schaffen.“ Ihre Philosophie lautet: Sicherheit ist Teamarbeit.

Das zeigt deutlich ein Projekt, das 2004 in Leuna startete und im ganzen Konzern übernommen wurde: die verhaltensbedingte Unfallprävention. Die Grundidee dabei ist, dass jeder Mitarbeiter seine Aufmerksamkeit nicht nur auf sich selbst, sondern auch auf den Nebenmann richtet, sodass riskantes Verhalten erkannt und vermieden werden kann.

Ohne Helm oder Schutzbrille durch die Anlagen laufen, ohne Handschuhe an Ventilen hantieren – das sieht man nicht bei Arkema in Leuna. Beim Heben schwerer Sachen halten die Beschäftigten den Rücken gerade. Regelmäßig gibt es für sie Schulungen im Arbeitsschutz, Training am Feuerlöscher sowie Notfallübungen.

Was anderen vielleicht zu trocken erscheint, ist genau Birkigts Thema. Das merkte die gelernte Außenhandelskauffrau 1974, als sie sich auf eine freie Stelle im Arbeitsschutz des damaligen Chemiekombinats Leuna bewarb. „Das hat mir Spaß gemacht“, erzählt sie. Also absolvierte sie ein Fernstudium in Chemie, dann ein Fachhochschul-Studium in Arbeitsschutz und wurde Sicherheitsingenieurin. „Das habe ich keinen Tag bereut“, sagt Birkigt und schmunzelt.

„Wir bei Arkema sind eine eingeschworene Truppe“

Über 40 Jahre Erfahrung geben ihr Ruhe und Gelassenheit. Sowie eine natürliche Kompetenz bei ihren Entscheidungen. Und hat jemand Fragen oder Probleme – die Frau hat stets ein offenes Ohr für ihre Kollegen, in beruflichen Dingen wie bei persönlichen Sorgen.

„Wir sind eine eingeschworene Truppe“, formuliert die passionierte Tennisspielerin. Auch privat unternimmt das Team von Arkema einiges gemeinsam: Radausflüge, Kanutouren, Badminton-Turniere. Das gehört zur Philosophie der Sicherheitsexpertin. „Die familiäre Atmosphäre im Betrieb und die persönlichen Kontakte tragen einiges zur Arbeitssicherheit bei“, ist sie sich sicher. Wenn das Klima stimmt, arbeiten die Kollegen nun mal konzentrierter.

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf? 

Eher durch Zufall – eine Stelle im Arbeitsschutz war frei. Aber schnell habe ich gemerkt, dass genau das mein Thema war.

Was reizt Sie am meisten?

Der Umgang mit Menschen. Nur still am Schreibtisch sitzen und vor mich hinarbeiten, wäre mir zu eintönig und zu langweilig.

Worauf kommt es an?

Auf Kommunikation, Beispiel geben und Anschaulichkeit. Wenn jemand versteht, warum er etwas machen soll, wird er das auch verinnerlichen und umsetzen.