Wetzlar. Bosch Thermotechnik ist ein führender Hersteller energieeffizienter Heizungsprodukte und Warmwasserlösungen – und Teil des Bosch-Konzerns, der weltweit über 400.000 Mitarbeiter hat. In Wetzlar (rund 1.000 Beschäftigte) sind die Zentralverwaltung sowie Service und Vertrieb für ganz Deutschland. AKTIV sprach mit Oliver Barta, Standortleiter in Wetzlar.

Wie behauptet man sich als Standortleiter und Personalchef in einem so großen Konzern?

Gut, man genießt sogar viele Vorteile. Man muss nicht jeden Prozess selbst neu erfinden, sondern bekommt Unterstützung in allen Bereichen, beginnend bei Forschung und Entwicklung bis hin zum Personalwesen.

Aber letztlich müssen immer die Zahlen stimmen …

Ja klar, auch Bosch ist nicht völlig selbstlos unterwegs. Trotz des klaren Fokus auf die Ergebnisrendite hat man bei uns den Blick auf das Ganze. Dazu gehören in erster Linie die Menschen, die hier arbeiten. Das ist in unserer Unternehmenskultur fest verankert. Aber auch hier muss man manchmal unliebsame Entscheidungen treffen, bis hin zu weitreichenden Entscheidungen wie etwa Restrukturierungen. Es ist der hohe Preis unserer globalisierten Welt. Aber wenn so etwas wirklich nötig ist, darf man dann seinen Anstand nicht verlieren. Dafür stehen wir.

Was meinen Sie damit?

Denken Sie mal an eine besonders schwierige Lage, wie eine Werkschließung, die für Mitarbeiter einschneidende Konsequenzen haben kann: Das kann man entweder schnell und möglichst effizient lösen oder gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern gestalten. Mit Zeit und Kreativität finden Unternehmen und Betriebsrat gute, sozial verträgliche Lösungen. Es gibt immer für alle vertretbare Wege. Man kann Kontakte zu anderen Firmen nutzen, ausscheidende Mitarbeiter weiterbilden, um den Wechsel zu erleichtern, und vieles mehr

Gibt es denn auch Alternativen?

Danach ist immer zuerst zu suchen. Vor drei Jahren stand unser Gießereibetrieb in Lollar auf der Kippe, ein Standort mit 1.500 Mitarbeitern. Unsere Gusskesselproduktion verringerte sich drastisch zugunsten anderer, modernerer Produkte. Also suchten und fanden wir eine intelligente Lösung, brachten neue Produkte für andere Branchen dorthin, darunter Bremsscheiben. Man muss immer flexibel sein, offen bleiben und auch ruhig mal querdenken, um solche Möglichkeiten zu entdecken. Gerade das erwarten wir aber auch von unseren Arbeitnehmern.

Welche Rolle spielen für Sie die Mitarbeiter?

Sie sind der Kern des Unternehmens, stehen für Kultur und Zukunft. Nur durch engagierte Mitarbeiter entwickeln wir uns weiter. Das Stichwort „Diversity“ ist mir deshalb sehr wichtig, die Vielfalt von Denkweisen, Erfahrungen, Perspektiven und unterschiedlichen Lebensentwürfen. Jeder Mensch ist anders, und das birgt ein ungeheures Potenzial, das ein Unternehmen voranbringen kann. Wir haben auch angefangen, Mitarbeiter bei der Auswahl von Vorgesetzten zu beteiligen. Auch das ist Wertschätzung.

Wie stehen Sie zur Digitalisierung?

Die Digitalisierung unserer Produkte als Teil der gesamten Automatisierung im Haus ist vermutlich die größte aktuelle Herausforderung. Wir gestalten den Wandel gemeinsam mit dem Großhandel und dem Handwerk. So sind wir der ideale Partner auf dem Weg in die digitale Welt modernen Wohnens. Unsere Geräte sind längst vernetzbar, und man steuert per Handy-App oder Tablet, wie warm es zu Hause sein soll. Sie ist aber auch darüber hinaus allgegenwärtig, ob in Produktion oder Personalbereich. Hier nutzen wir sie für mehr Effizienz, für flexiblere Einsätze der Mitarbeiter, aber auch bei der Talentsuche. So kann man sich bei uns zum Beispiel per App bewerben.

Wo sehen Sie die Herausforderungen der Zukunft?

Im Umgang mit der Digitalisierung und neuen Technologien sowie den sich wandelnden Märkten und Branchen. Die Geschwindigkeit, mit der Veränderungen erfolgen, ist enorm. Für Personaler ist es eine besondere Herausforderung, die Mitarbeiter bei diesem Wandel mitzunehmen, zu begleiten und weiterzuqualifizieren. Die Welt ist nun mal, wie sie ist. Und darauf müssen wir so gut wie möglich reagieren.

Zur Person

Im Kesselhaus: Oliver Barta vor den Heiztechnik-Anlagen im Werk Lollar. Foto: Scheffler
Oliver Barta
  • 1967 geboren in Eschwege, verheiratet, ein Sohn
  • Jurastudium an der Gutenberg-Universität in Mainz
  • Tätigkeit als Rechtsanwalt in verschiedenen Kanzleien
  • 1996 Wechsel zur Industrie, unter anderem zu Mannesmann, Rexroth, später Bosch
  • Seit 2016 Standortleiter Bosch Thermotechnik Wetzlar
  • Seit April Vorsitzender der Bezirksgruppe Mittelhessen von Hessenmetall