Battenberg. 2,5 Millionen Turboladergehäuse und Abgaskrümmer entstehen pro Jahr im Eisenwerk Hasenclever im nordhessischen Battenberg. Bis zum Jahr 2020 will man die Ausbringung um 20 Prozent steigern und neue Kunden nicht nur in der Automobil-Industrie gewinnen. Wie die über 200 Jahre alte Gießerei mit ihren rund 750 Mitarbeitern die Herausforderung anpackt, erzählt Christoph Hentzen, einer der beiden Geschäftsführer von Hasenclever.

Wie sieht die Zukunft aus beim Eisenwerk Hasenclever?

Gut, mein Kollege Rabah Amani und ich sind da optimistisch. Wir gießen hochtemperaturfeste Turboladergehäuse und Abgaskrümmer in einzigartiger Qualität und sind der europäische Marktführer. Das soll auch so bleiben. Und daran arbeiten hier alle hart.

Wie gehen Sie vor?

Das Unternehmen hat turbulente Jahre hinter sich. Aber 2017 haben wir ein ordentliches Ergebnis abgeliefert. So wie die Zahlen aktuell aussehen, wird 2018 ähnlich gut verlaufen. Wir forschen in Kooperation mit verschiedenen Universitäten an neuen Materialien und auch an alternativen Rohstoffen, investieren kräftig in die Modernisierung des Standorts, unter anderem in die Automatisierung und Verbesserung der Prozesse. Und wir haben einige weitere gute Ideen in der Pipeline.

Welche Rolle spielt bei Ihnen der Verbrennungsmotor?

Wir hängen eng am Verbrennungsmotor. Deshalb arbeiten wir auch intensiv an einem weiteren Standbein. Sicher wird dieser Motor länger leben, als viele glauben, aber auch wenn der Kuchen schrumpft, muss man neue Produkte haben, um die Arbeitsplätze zu sichern. Nach Plan gehen wir 2021 mit einer neuen Technik an den Markt, über die ich noch nicht viel verraten will, die uns aber weiterbringen und auch Kunden aus anderen Branchen abseits der Automobil-Industrie bescheren wird.

Was ist die Herausforderung?

Wir stehen im Wettbewerb mit den Chinesen, die schnell gelernt haben, wie man gute Gussteile herstellt. Was mich aber besonders ärgert, ist eine neue Gießerei, die gerade mit EU-Mitteln in Serbien gebaut wird. Überall dort wird mit ganz anderen Personal- und Energiekosten produziert, die wir hier auffangen müssen durch noch mehr Effizienz und einem Vorsprung im technischen Know-how.

Ist Industrie 4.0 dabei ein Thema?

Auch. Die Fertigung wird sich durch die weitere Digitalisierung auch bei uns deutlich verändern. Ein Riesenthema sind die Datenmengen, die es zu verwalten gilt, allein um eine 100-prozentige Nachverfolgung jedes einzelnen Bauteils zu ermöglichen. Aber auch, um eine zustandsorientierte Instandhaltung zu realisieren.

Welche Bedeutung haben bei alldem die Mitarbeiter?

Letztlich sind sie die Träger des Know-hows. Viele unserer Ingenieure und Techniker sind schon über 50. Also müssen wir die Zeit bis zu ihrem Ausscheiden gut nutzen, um jüngere Leute an diese Aufgaben heranzuführen. Auch das ist eine Herausforderung, denn der Fachkräftemangel ist längst in unserer Region angekommen. Die Arbeitslosenquote liegt hier bei annähernd 2 Prozent. Das spüren wir. Aber auch Roboter müssen gesteuert, gepflegt und gewartet werden – und das machen nun mal Menschen und keine Maschinen.

Was bringt Sie auf die Palme?

Dass die Unternehmen immer wieder teuer bezahlen sollen, weil die Politik ihre Hausaufgaben nicht macht, ob in der Bildungspolitik, der Energieversorgung oder auch, ganz aktuell, bei der Pflege. Die Zahl der Analphabeten in unserem Land wächst. Aber wie sollen wir Menschen ausbilden, wenn sie nicht lesen, schreiben und rechnen können. Anderes Thema: Natürlich sollten Menschen, die Angehörige pflegen, entlastet werden. Als Betrieb können wir da auch individuell helfen, zum Beispiel durch Teilzeitangebote. Finanzielle Unterstützungen sind jedoch Aufgabe des Staats, zum Beispiel durch bessere Zuschüsse bei häuslicher Pflege.

Und Ihr Wunsch an eine gute Fee, wenn sie zu Ihnen käme?

Wenn ich von privaten Träumen absehe, würde ich mir wohl wünschen, dass der Verbrennungsmotor nicht so schnell stirbt, sondern im Sinne von uns allen so lange wie möglich weiterlebt. Und das käme dann nicht nur unserem Werk und den damit verbundenen Arbeitsplätzen zugute, sondern auch sehr, sehr vielen anderen Menschen.

Zur Person

Foto: Scheffler
Christoph Hentzen Geschäftsführer von Hasenclever
  • 58 Jahre alt, verheiratet, vier Kinder
  • Ausbildung Industriekaufmann
  • Studium des Maschinenbaus und der Betriebswirtschaft an den Universitäten in Saarbrücken, Darmstadt und an der Fernuniversität Hagen
  • Vier Jahre Berater bei Roland Berger, danach Geschäftsführer-Positionen, unter anderem bei Eisenwerk Hasenclever, Dynamit Nobel, Deutz und DAW
  • Seit Juli 2017 Geschäftsführer beim Eisenwerk Hasenclever