Berlin. Im Volksmund heißt er „gelber Schein“, im Amtsdeutsch ist es die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Der Zweck ist klar: Fällt ein Arbeitnehmer wegen Krankheit aus, muss er sich beim Arzt oft ein solches Formular geben lassen. Einen Durchschlag bekommt die Firma, einen die Krankenversicherung, den dritten kann der Arbeitnehmer abheften.
Diese Zettelwirtschaft könnte ab 2021 Geschichte sein. Geht es nach Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, soll der ganze Prozess zeitgemäßer geschehen: Die Bescheinigung soll direkt vom Arzt an den Arbeitgeber und an die Krankenkasse digital übermittelt werden. Dieses einheitliche elektronische Formular ist ein Teil von Altmaiers Eckpunktepapier zum Bürokratieentlastungesetz III, das er kürzlich vorgelegt hat.
Von Krankenkassen wird die Sache bereits vereinzelt als Pilotprojekt praktiziert, von den Arbeitgebern wird sie sehr begrüßt.
Weniger Aufwand für die Krankschreibungen
„Für die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt: Überträgt man administrative Arbeitsabläufe ins Digitale, gewinnt man in den meisten Fällen Zeit und senkt die Kosten“, heißt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Jährlich mehr als 250 Millionen Papier-Bescheinigungen könnten laut Schätzung des Wirtschaftsministeriums eingespart werden.
840 Millionen Euro Ersparnis brachten die ersten beiden Entlastungsgesetze
Die liebe Verwaltung – insbesondere die 3,6 Millionen kleinen und mittelständischen Unternehmen in Deutschland haben mit staatlichen Regulierungen zu kämpfen. Dass sich da vieles entschlacken und eben Zeit und Geld sparen lässt, ist nicht neu. Bereits 2015 ist die sogenannte Bürokratiebremse in Kraft getreten. Seitdem gilt das „One in, one out“-Prinzip: Für jede neue Vorschrift muss eine alte wegfallen. Der Wirtschaft geht das allerdings nicht weit genug, sie fordert eine Weiterentwicklung zu „one in, two out“.
Zudem gab es schon die Entlastungspakete I und II. Rund 840 Millionen Euro jährlich spart die Wirtschaft dadurch insgesamt ein. Nun will Altmaier also mit einem dritten Wurf der Wirtschaft helfen.
Laut Eckpunktepapier sollen auch Existenzgründer profitieren, sie sollen die Umsatzsteuer-Voranmeldung vierteljährlich statt bisher monatlich abliefern dürfen. Zudem will Altmaier die Aufbewahrungsfrist für Dokumente von zehn auf acht Jahre verkürzen, zum Beispiel bei Steuerunterlagen.
Die größte Baustelle ist das Thema Digitalisierung
„Die derzeit geltende Aufbewahrungsfrist verursacht bei den Unternehmen erhebliche Kosten“, sagt Maximilian von Koppenfels, Mittelstandsexperte beim Bundesverband der Deutschen Industrie. Aus seiner Sicht sind auch acht Jahre noch zu lang: „Eine Verkürzung auf fünf Jahre würde die Bürokratiekosten in Wirtschaft und Verwaltung um etwa 1,7 Milliarden Euro senken.“
Ganz grundsätzlich sei die Verwaltung noch zu analog. „Durch die Digitalisierung der 30 wichtigsten Verwaltungsleistungen können Unternehmen circa 1 Milliarde Euro sparen“, so von Koppenfels. Dazu gehören unter anderem alle Regeln, die mit Steuern und Abgaben zu tun haben, aber auch Genehmigungsverfahren im Bereich Forschung und Entwicklung oder die Pflichten im Statistik- und Berichtswesen.