Fürstenwalde. Sie ist morgens eine der Ersten im Büro. Um 5.30 Uhr beginnt Katja Ehrlich ihren Arbeitstag in der Personalabteilung des Reifenherstellers Goodyear. „So kann ich Familie und Beruf am besten organisieren“, sagt die 43-jährige Sachbearbeiterin und alleinerziehende Mutter beim Besuch des aktiv-Redakteurs an einem bitterkalten Februartag. „Dank flexibler Arbeitszeit lassen sich meine privaten Termine und der Beruf super miteinander vereinbaren. Zugleich bin ich für die Mitarbeiter der Nachtschicht erreichbar.“ Auf den Kontakt zu den Kollegen aus der Produktion legt sie Wert.

Das Reifenwerk ist für Katja Ehrlich mehr als nur ein Job, es ist ein Stück Familie. Schon die Mutter arbeitete Jahrzehnte im Reifenwerk, der Opa und die Uroma. Auch viele Kollegen von Ehrlich sind schon Jahre dort. Die Verbundenheit der Belegschaft beeindruckt Werkleiter Julien Frezard. Als er vor knapp zwei Jahren die Leitung des Goodyear-Standorts im brandenburgischen Fürstenwalde übernahm, überraschte ihn die große Loyalität der knapp 950 Mitarbeiter besonders. „Wir haben hier eine extrem geringe Krankheitsquote und kaum Fluktuation“, sagt der gebürtige Franzose.

Das Werk produziert Reifen für bis zu 300 Stundenkilometer

Für Frezard sind das beste Voraussetzungen, um hier in Brandenburg eine große Bandbreite an Pkw-Pneus fertigen zu können. „Vom Reifen für Kleinwagen bis zum über 300 Stundenkilometer schnellen SUV-Reifen“, erklärt er. „Wir produzieren hier für fast alle Pkw-Größen, von 14-Zoll- bis zu 23-Zoll-Reifen. Das ist für ein Werk eine unglaublich große Komplexität.“

Die Produktvielfalt stellt besondere Anforderungen an die Produktion. Ein Reifen ist ein komplexes Hightech-Produkt aus 15 bis 20 Bauteilen und einer speziellen Gummimischung. Bei Goodyear nutzt man mehr als ein Dutzend verschiedener Mischungen. „Da wir sehr viele Varianten für unterschiedliche Autohersteller haben, kommt es häufig zu Umstellungen an den Produktionsmaschinen. Viele unterschiedliche Modelle erfordern eine große Flexibilität der Mitarbeiter in der Fertigung. Und dennoch arbeiten wir hier mit einer hohen Produktivität.“ Da schwingt schon etwas Stolz auf den Standort mit.

Fünf Ausbildungsberufe bietet der Standort in Brandenburg an

Für Frezard gehören zum Erfolgsrezept das Know-how jedes Einzelnen in der Produktion sowie eine offene Kommunikation. Displays an den Werkseingängen geben den Mitarbeitern wichtige Informationen über den Stand der Produktion. „Jeder weiß, wo wir stehen und was zu tun ist“, sagt der Werkleiter.

Auch für die Ausbildung engagiert sich Goodyear hier im Werk Fürstenwalde. Fünf Ausbildungsberufe bietet der Standort an. Werkleiter Frezard, der auch an anderen internationalen Goodyear-Standorten gearbeitet hat, hebt die duale Berufsausbildung in Deutschland als guten Weg hervor, um qualifizierte Facharbeiter zu bekommen. „Training zu Berufsbeginn ist für jeden Mitarbeiter wichtig“, sagt Frezard. „Im Beruf müssen sich die Mitarbeiter bei technologischen Neuerungen auf dem Laufenden halten.“

Modernste Sensoren checken die Qualität der Reifen

Den Standort Fürstenwalde hält Frezard für gut gerüstet. „Wir haben hier eine Mischung aus Hightech-Maschinen und konventioneller Produktionstechnik.“ Mensch und Maschine ergänzen sich entlang der Fertigungsstrecke immer wieder.

Besonders deutlich wird das in der Qualitätskontrolle. Mit modernsten und automatisierten Messsensoren wird eine Vielzahl von Qualitätsparametern an allen Reifen gecheckt. Dennoch ist eine visuelle Prüfung der Reifen durch qualifizierte Facharbeiter mit das wichtigste Entscheidungskriterium. Werkleiter Frezard schätzt das Können seiner Mitarbeiter: „Sie sind oftmals Jahrzehnte im Job und wissen, worauf es ankommt. Nicht alles kann in der Reifenherstellung automatisiert werden. Da sind häufig auch das handwerkliche Können und die große Erfahrung der Kollegen gefragt.“

Goodyear Dunlop Tires in Brandenburg

Das Werk. Bei Goodyear Dunlop Tires Germany in Fürstenwalde produzieren aktuell rund 950 Mitarbeiter Pkw-Reifen aller Größen, von 14 bis 23 Zoll.

Tradition. In der Stadt an der Spree hat die Gummi-Industrie Tradition. Bereits 1937 begann hier die Reifenproduktion durch das Unternehmen Deka-Pneumatik. Die Marke: Deka-Pneumant.

Ursprung. Begonnen hat alles mit den Deutschen Kabelwerken in Berlin, die 1896 gegründet wurden. Aus ihnen ging 1922 die Deka-Pneumatik hervor.

Die Kautschuk-Industrie

Wichtige Kennzahlen für das vergangene Jahr

  • 9,4 Milliarden Euro setzten die Branchenunternehmen um.
  • 525.000 Tonnen Reifen produzierten die Betriebe.
  • 25 Prozent nahm die Reifenproduktion ab.
Werner Fricke
Autor

Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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