Unsere Stromversorgung ist extrem zuverlässig, ungeplante Auszeiten gibt es kaum: Die „durchschnittliche Versorgungsunterbrechung je angeschlossenem Letztverbraucher“ lag laut Bundesnetzagentur 2015 bei nur knapp 13 Minuten. „Damit gehört Deutschland im internationalen Vergleich nach wie vor zur Spitzengruppe“, betont das Wirtschaftsministerium. Störungen durch höhere Gewalt, etwa durch eine Naturkatastrophe, werden bei diesem Vergleich übrigens nicht eingerechnet.

Allerdings müssen unsere Übertragungsnetzbetreiber inzwischen viel häufiger steuernd eingreifen als früher, weil immer mehr wetterwendischer Ökostrom in die Netze drängt. Und bis 2022 sollen zwar alle Atomkraftwerke abgeschaltet sein – aber erst etwa 2025 werden gewaltige neue Stromtrassen fertig, die vor allem Windstrom von der Küste zur Industrie im Süden bringen sollen. Damit es trotzdem keinen Blackout gibt, sind im Strommarktgesetz diverse Reserven verankert worden.

Die Netzreserve

Diese auch „Winterreserve“ genannte Vorratshaltung gibt es im Prinzip schon länger. Gebildet wird sie aus systemrelevanten Kraftwerken, die gerade nicht betriebsbereit sind oder die die Betreiber schon zur Stilllegung angemeldet haben. Abschalten ist dann sozusagen amtlich verboten, bei Bedarf werden die Anlagen „außerhalb der Strommärkte nach Maßgabe der angeforderten Systemsicherheitsmaßnahmen eingesetzt“ (so steht es in der Netzreserveverordnung). Auch Kraftwerke in anderen EU-Staaten sowie in der Schweiz dürfen vertraglich gebunden werden, um auf die nötige Kapazität zu kommen. Im Winter 2016/17 besteht die Netzreserve laut Bundesnetzagentur aus 19 deutschen Blöcken mit einer Einspeiseleistung von insgesamt 4,5 Gigawatt (GW), fast alle stehen in Bayern und Baden-Württemberg.

Die Kapazitätsreserve

Ab dem Winter 2018/19 soll schrittweise eine Kapazitätsreserve von anfangs 2 GW neu dazukommen. Standort und Energieträger sind offen: Es soll eine „technologieneutrale“ Ausschreibung geben. Auch die Kapazitätsreserve wird „strikt vom Strommarkt getrennt“, so das Ministerium.

Die Sicherheitsbereitschaft

„Als Beitrag zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaschutzziele“ (so steht es im Energiewirtschaftsgesetz) werden acht Braunkohlekraftwerkblöcke schrittweise stillgelegt. Die Kraftwerkbetreiber werden entschädigt. Den Anfang machte 2016 Buschhaus (Niedersachsen), 2017 folgen die zwei Blöcke des Kraftwerks Frimmersdorf (Nordrhein-Westfalen). Direkt vom Netz gehen dürfen die Anlagen dann nicht: Jeweils vier Jahre lang gehören sie noch zur Sicherheitsbereitschaft. Während dieser Zeit müssen sie auf Anforderung der Netzbetreiber innerhalb von zehn Tagen betriebsbereit sein. Insgesamt geht es dabei um 2,7 GW, auch sie dürfen den normalen Strommarkt nicht beeinflussen.

Die Netzstabilitätsanlagen

Außerdem könnten in Süddeutschland bald neue Gaskraftwerke gebaut werden: Die lassen sich schnell anwerfen, wenn es eng wird. Laut Gesetz dürfen nämlich die Übertragungsnetzbetreiber selbst für eine Übergangszeit „Erzeugungsanlagen als besonderes netztechnisches Betriebsmittel errichten“, so genannte Netzstabilitätsanlagen. Keine darf mehr als 2 GW leisten und der Strom auch nicht teilweise auf dem Strommarkt landen. Ob und wann es wirklich Bedarf für diese Anlagen gibt, wird gerade ermittelt.

Und wer bezahlt das alles?

All diese neuen Maßnahmen kosten viele Milliarden extra. Bezahlen müssen das ganz einfach – die Stromverbraucher, über die im Strompreis enthaltenen Netzentgelte. Eine Expertenkommission hat das in einer Stellungnahme für die Regierung vor kurzem so formuliert: „Auf Ebene der Übertragungsnetze sind in den kommenden Jahren weitere Kostensteigerungen absehbar.“ Als Ursachen dafür werden unter anderem „Einspeisemanagement-Maßnahmen“ genannt sowie „die Vorhaltung verschiedener Reserven“.

Die Energiewende macht den Strom also auch weiterhin nicht billiger, sondern teurer. Aber die meisten Zeitgenossen bezahlen wohl lieber etwas mehr für zuverlässig fließende Energie, als öfter mal ganz ohne Strom dazustehen.