München/Erlangen. Die Deutsche Bahn will auf schwankendes Fahrgastaufkommen flexibler reagieren. Ab Herbst dieses Jahres wird auf einigen Strecken der neue Hochgeschwindigkeitszug ICE 4 im Probebetrieb eingesetzt – und regulär zum Fahrplanwechsel Ende 2017. Der Clou ist die raffinierte Antriebstechnik.

Sie macht es leichter, die Länge eines Zuges dem aktuellen Bedarf anzupassen. Entwickelt wurde der spezielle Antrieb am Standort Erlangen des Technik-Konzerns Siemens.

Auf steilen Strecken kommen ein paar Triebwagen dazu

Das Geheimnis liegt in den Triebwagen des ICE 4, den „Powercars“. Darin unterscheidet sich der neue Zug grundlegend von seinen Vorgängern. Denn in früheren Baureihen befindet sich der Antrieb entweder komplett in den Triebköpfen (ICE 1 und ICE 2) oder in sogenannten Antriebsgruppen unterhalb des Zuges. Die sind über mehrere Wagen verteilt, funktionieren nur im Verbund und können nicht voneinander getrennt werden.

Die neuen Züge lassen sich dagegen beliebig zusammenstellen. Jeweils vier Fahrmotoren samt Transformator, Stromrichter sowie Kühlanlage für die Technik sitzen als praktisches Päckchen in jedem einzelnen Powercar. Diese Triebwagen werden je nach Bedarf zwischen den antriebslosen Wagen eingefügt.

Jeder Zug wird für die Strecken ausgelegt, auf denen er hauptsächlich eingesetzt werden soll. Für große Passagierzahlen wählt die Bahn zum Beispiel mehr Wagen. Und für steile Strecken kommen zusätzliche Triebwagen dazu. Im Testbetrieb ohne Fahrgäste läuft der ICE 4 bereits. Die Techniker von Siemens sind damit seit September 2015 im öffentlichen Bahnnetz unterwegs. Bei ihren Messfahrten prüfen sie unter anderem, ob das Zusammenspiel von Fahrgestell, Rädern und Schienen gut funktioniert.

Auch einen Namen hat der neue Fernverkehrszug schon. Flottentaufe war Anfang Dezember in Berlin. Dort stellte Bahnchef Rüdiger Grube das Grundmodell des „ICE 4, Baureihe 412“ vor.

Das Grundmodell, ein zwölfteiliger Zug, ist 346 Meter lang, bringt es auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 Stundenkilometern und bietet 830 Sitzplätze. Der Zug besteht aus zwei End-, einem Restaurant- und acht Reise- sowie einem Servicewagen mit Familienabteil. Durch die leichtere Bauweise und windschnittige Form braucht er im Vergleich zu seinen Vorgängern pro Sitzplatz ein Fünftel weniger Energie.