München. „Da muss eine Lösung her!“ So reagierte der Personalchef eines bayerischen Maschinenbauers, als er die Worte seines Elektroingenieurs hörte: „Mir gefällt alles hier, die Kollegen, die Firma, die Arbeit – trotzdem muss ich kündigen!“

Der Technik-Experte wollte regelmäßig für seine Kinder da sein, sollte aber dienstlich immer häufiger nach Übersee reisen: Sein Know-how wurde ständig zur Unterstützung von Monteuren gebraucht, die gerade irgendwo in der Welt eine Maschine aufstellen. Was tun?

Großes Angebot an Arbeitszeitmodellen

Der Personalchef suchte Rat bei den bayerischen Arbeitgeberverbänden bayme vbm. Sie begutachteten die Lage und fanden eine Lösung – die zeigt, wie positiv Digitalisierung wirken kann: Die Monteure fahren allein, setzen aber bei ihrer Arbeit eine Datenbrille auf.

Das Gerät überträgt alles, was sie sehen, an den Elektroingenieur in der bayerischen Heimat. Der kann den Vorgang sogar von zu Hause aus verfolgen und die Kollegen anweisen. Dafür sitzt er auch mal um vier Uhr morgens am PC – wenn nämlich die Monteure in Indien vormittags die Maschine verkabeln.

Das Beispiel zeigt: Flexibilität ist für Bayerns Metall- und Elektroindustrie (M+E) doppelt wichtig. Die Betriebe wollen sich in der digitalen und globalen Welt wettbewerbsfähig halten – und zugleich, so gut es geht, auf Wünsche und Lebenslagen ihrer Mitarbeiter eingehen.

Empirische Zahlen liefert eine Umfrage des Kölner Beratungsunternehmens IW Consult unter 1.380 repräsentativ ausgewählten M+E-Unternehmen in Deutschland – die Ergebnisse bilden auch die Situation in Bayern ab. Demnach ist das Angebot an Arbeitszeitmodellen schon heute gut.

Zwei Drittel der Betriebe bieten die Möglichkeit flexibler Tages- und Wochenarbeitszeiten, in sieben von zehn Betrieben lässt sich eine individuelle Arbeitszeit vereinbaren, und fast vier Fünftel der Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern Teilzeit an.

Ortsunabhängiges Arbeiten, wie beim eingangs erwähnten Maschinenbauer, kennt man schon in mehr als jedem dritten M+E-Betrieb. Es dürften noch mehr werden: Schließlich schafft moderne Kommunikationstechnik immer neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, die nicht so sehr an Ort und Zeit gebunden ist.

Auch Vertrauensarbeitszeit erleichtert das Jonglieren zwischen Privat- und Berufsleben. Schon in zwei von fünf Unternehmen gibt es diese Form der Arbeitszeitgestaltung. Und jede vierte Firma kennt das Modell der Lebensarbeitszeit: Überstunden können langfristig auf einem Konto angespart werden, mit seinem Guthaben kann sich der Mitarbeiter eine Freistellung vor der Rente oder auch eine Arbeitszeitreduzierung während der Kindererziehung ermöglichen. Eine längere Auszeit („Sabbatical“) kennt jeder zwölfte Betrieb, ebenso das Teilen eines Arbeitsplatzes zwischen Kollegen („Jobsharing“).

Selbst im Schichtbetrieb lassen sich Arbeitszeiten so einteilen, dass man die Freizeit besser planen kann. Das ergab eine Studie der Arbeitgeberverbände bayme vbm. „Ergonomisches Schichtmodell“ heißt das Zauberwort. Zwischen Früh-, Spät- und Nachtschicht wird so rotiert, dass es dem natürlichen Biorhythmus und dem Ruhebedürfnis entgegenkommt: mit kurzen Einzelphasen und pro Woche zwei freien Tagen am Stück.

Eine Umfrage unter bayerischen M+E-Firmen, die das Modell eingeführt haben, zeigt: 70 Prozent der Mitarbeiter bevorzugen dieses gegenüber klassischen Systemen. Es gibt Sicherheit, welche Tage für private Aktivitäten zur Verfügung stehen. Und die Erholung hält länger an. Obwohl die Betroffenen gleich viele Stunden arbeiten, sind sie ausgeschlafener, haben stabilere persönliche Netzwerke und genießen den Sport oder die Familie intensiver.


Die Digitalisierung verändert unser Leben – privat wie beruflich. Das beleuchten wir in unserem Themen-Special „Arbeitszeit“. Hier geht’s zur Einführung.

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