Rietheim-Weilheim. Kurz nach 6 Uhr morgens verlässt Naomi Müller ihr Elternhaus, um 6 Uhr abends ist sie wieder daheim. So ist das eben, wenn man auf dem Land wohnt und noch keinen Führerschein hat. Dreimal in der Woche fährt die Auszubildende mit Bus und Bahn von Neuhausen ob Eck zu ihrem Arbeitgeber Werma Signaltechnik in Rietheim-Weilheim, quer durch den Landkreis Tuttlingen. Den Zwölf-Stunden-Tag nimmt die 17-Jährige gerne in Kauf: Sie hat ihren Wunsch-Ausbildungsplatz als technische Produktdesignerin bekommen.
„Dir liegt das Zeichnen, probier das aus“, hatte die Mutter ihr geraten. Denn Naomi wusste nicht so recht, was sie nach der mittleren Reife machen sollte. Klar war nur, dass es in die technische Richtung gehen sollte. Nach Praktika im Bereich Architektur und als Industriekauffrau schnupperte sie ins technische Produktdesign hinein – und lag richtig: „Das hat mir vom ersten Tag an gefallen“, sagt die junge Frau mit den langen braunen Haaren und strahlt.
Die Übernahme in eine verantwortungsvolle Position ist ihr sicher
Seit September ist die Neuhausenerin nun eine von sieben neuen Auszubildenden, drei Männern und vier Frauen, bei Werma. Das Unternehmen mit weltweit etwas mehr als 300 Mitarbeitern entwickelt und produziert optische und akustische Signalgeräte für den Maschinenbau und viele weitere Einsatzbereiche – vom Flaschenautomaten bis zur Wasserrutsche im Schwimmbad.
„Wir bilden für den Bedarf aus“, sagt Dagmar Bühler, Teamleiterin Personalwesen. Naomi Müller ist die einzige Auszubildende im technischen Produktdesign, die Übernahme in eine verantwortungsvolle Position ist ihr sicher. „Das Problem ist es, Azubis zu gewinnen – nicht, dass die nachher nicht bei uns bleiben“, so die Personalerin.
Während mehr als 100 Bewerber um einen Ausbildungsplatz als Industriekaufmann oder -kauffrau konkurrieren, gab es zuletzt nur drei Bewerbungen für Elektrotechnik. Oft seien dann noch die Noten zu schlecht.
Naomi Müller schloss die Realschule mit einer Belobigung ab. Doch gute Schulleistungen allein reichen nicht aus. Als technische Produktdesignerin im Betriebsmittelbau konstruiert sie Werkzeuge für die Spritzgießmaschinen, die die Kunststoffteile der Signalgeräte produzieren. Technisches Verständnis und räumliches Vorstellungsvermögen sind wichtig: „Sonst hat man Probleme bei der Fertigung.“
Mathematik und Physik, die an der Berufsschule in Rottweil unterrichtet werden, kommen dazu. Und obwohl technische Produktdesigner mit Computer-Programmen arbeiten und damit Teile, Baugruppen und Zeichnungen konstruieren und erstellen, müssen sie auch von Hand sauber und genau zeichnen können.
Eine Grundausbildung in Metall gehört dazu
Die dreieinhalbjährige Ausbildung ist komplex. Sie reicht von der Grundausbildung Metall über die CAD-Schulung bis zur Fertigungstechnik und der Qualitätskontrolle. Auch Kreativität ist gefragt. Naomi Müller nimmt eine rote Signalleuchte in die Hand und sieht sie sich mit Ausbilder Peter Finkbeiner genau an. Lässt sich die Form optimieren, noch besser und effektiver machen?
Das sind Fragen, auf die sie in ihrem Beruf täglich Antworten finden muss. „Die Auszubildenden werden überall mit ins Boot geholt“, sagt Personalleiterin Bühler. Sie arbeiten von Anfang an in den Abteilungen mit. Alle 20 Azubis und Bachelor-Studenten dürfen für zwei bis drei Wochen in eine der Werma-Niederlassungen in Frankreich, Großbritannien, China oder den USA.
Naomi, die später mal länger im Ausland arbeiten will, freut sich darauf. Gibt es schon konkrete Pläne für die Zukunft? Sie schüttelt den Kopf. „Ich fixiere mich erst mal auf die Ausbildung, dass ich die gut bestehe.“ Es sei schön, jeden Tag etwas Neues dazuzulernen. Und noch etwas hat die 17-Jährige fest im Blick – den Führerschein. Mit dem Auto ist sie nur noch eine halbe Stunde unterwegs.
Persönlich
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich wollte etwas mit Technik machen und habe bei einem Praktikum technisches Produktdesign kennengelernt. Das fand ich toll.
Was reizt Sie am meisten?
Wir stellen Produkte her, die überall zum Einsatz kommen.
Worauf kommt es an?
Auf technisches Verständnis und räumliches Vorstellungsvermögen. Außerdem ist Kreativität gefragt, um eigene Ideen zu entwickeln und Produkte verbessern zu können.