Offenburg. Es sind nur 55 Kilometer von Offenburg nach Wasselonne (5.500 Einwohner) im Elsass. Doch für Azubi Mert Kürekci ist der Auslandsaufenthalt so etwas wie ein Ausflug in eine neue Welt: „Frankreich tickt ein bisschen anders als wir“, berichtet der angehende Lagerlogistiker.

Während seiner Ausbildung beim Armaturen- und Brausenhersteller Hansgrohe am Standort Offenburg darf er über den Tellerrand schauen und vier Wochen lang im französischen Werk bei Straßburg mitarbeiten. „Internationalität ist für uns ein großes Thema“, erklärt Ausbildungsleiterin Clarissa Lehmann. „Unsere Kunden und Lieferanten kommen aus der ganzen Welt.“

In 143 Länder liefert der Konzern mit Sitz in Schiltach seine Brausen und Wasserhähne. Deshalb will man dem Nachwuchs Offenheit für andere Kulturen vermitteln. Was ist denn in Frankreich anders?

„Zum Beispiel die Arbeitszeiten“, erzählt Kürekci. „Die Kollegen starten später in den Tag und machen dafür abends länger.“ Und man sei sofort per Du.

Und auch beim Arbeiten selbst gibt es spürbare Unterschiede: „Manche Prozesse laufen ganz anders als bei uns“, berichtet der junge Mann, der seine Ausbildung diesen Sommer abschließt.

Auslandsaufenthalt als Motivationsschub

Die Lagerlogistik-Azubis von Hansgrohe dürfen seit rund fünf Jahren einmal während ihrer Ausbildung für vier Wochen nach Frankreich. Jetzt, wo Kürekci alles vor Ort gesehen hat, ist sein Verständnis für die andere Mentalität und bestimmte Abläufe viel größer. Das ist gut, denn das Zentrallager in Offenburg beliefert auch die Produktion in Wasselonne.

Andere Nachwuchstalente, wie zum Beispiel die Industriekaufleute mit Zusatzqualifikation, dürfen sich wahlweise auch in einer europäischen Niederlassung umsehen. „Das gibt gerade beim Sprachenlernen einen riesigen Motivationsschub“, meint Lehmann.

Überhaupt seien die Auslandsaufenthalte ein „guter Schritt in die Selbstständigkeit“ für die jungen Leute.

So musste sich Mert Kürekci während seines Auslandspraktikums selbst versorgen. „Zu Hause stellt mir meine Mutter das Essen hin, wenn ich von der Arbeit komme. Dort musste ich selbst sehen, dass abends etwas im Kühlschrank ist“, meint der 20-Jährige grinsend. Um die Unterkunft musste er sich aber nicht kümmern, die stellt die Firma.

Die Idee hinter dem Engagement: In der Unternehmensgruppe mit über 4.000 Mitarbeitern sollen die Auslandsaufenthalte beim Nachwuchs die Lust darauf wecken, nach Abschluss der Ausbildung in einem anderen Land zu arbeiten. Zumindest für einige Zeit: „Das ist eine wunderbare Möglichkeit, um unser Know-how von Deutschland in unsere Tochtergesellschaften zu transferieren“, erklärt die Ausbildungsleiterin.

So ist ein Fachinformatiker aus Baden heute IT-Leiter am US-Standort Atlanta. Im Ausland zu arbeiten, etwa in Frankreich, kann sich auch Kürekci seit seiner Zeit in Wasselonne vorstellen. Vorerst bleibt er aber noch in Offenburg. Dort hat er schon eine feste Jobzusage und wird nach dem Abschluss im Bereich Produktionslogistik arbeiten.

Vor einem Wechsel ins Nachbarland müsste er seine Sprachkenntnisse allerdings kräftig aufbessern: „Für die Alltagsverständigung reicht mein Realschul-Französisch gerade so“, erzählt der Azubi. „Aber sobald es ins Fachliche geht, bin ich stark gefordert und benötige Übersetzungshilfen. “

Im Werk in Wasselonne war Mert Kürekci allerdings nicht ausschließlich auf seine Französisch-Kenntnisse angewiesen, um sich zu verständigen. „Zum Glück konnten einige Kollegen sehr gut Deutsch.“

Persönlich

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Durch die Vereinbarung eines Termins bei der Berufsberatung. Der Berater hat mir die Ausbildung vorgeschlagen, und es war genau das Richtige.

Was reizt Sie am meisten?

Prozesse und Abläufe zu optimieren und im Lager etwas Neues zu testen.

Worauf kommt es an?

Man muss sehr kommunikationsstark sein, weil man mit vielen Stellen in Kontakt steht. Und man muss ein Organisationstalent sein und strukturiert arbeiten.