Hildesheim. In der Produktionshalle ein leises Surren, ein metallischer Geruch. Einige Maschinen laufen durch, auch an diesem besonderen Tag, an dem niemand arbeitet. „Die dürfen niemals kalt werden“, erklärt Tomke-Hendrik Neugebauer. Er ist im dritten Lehrjahr und macht bei Arconic in Hildesheim eine Ausbildung zum Industriemechaniker.
An diesem Nachmittag führt der 21-Jährige seine Eltern durch die Halle und über das Gelände des Metallverarbeiters. Arconic produziert vor allem Schrauben für den Flugzeughersteller Airbus.
Panoramaraum für den Überblick und für Ideen der Mitarbeiter
Die täglichen Arbeitsabläufe erklärt Neugebauer so begeistert, als würde er sie am liebsten gleich vorführen. Doch das ist heute aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt. „Hier haben wir die Pressen, da drüben machen wir die größten Schrauben, Hubschrauberbolzen mit einem Durchmesser von vier Zentimetern.“ Dann präsentiert er seinen Eltern das neue Hochregallager. Auf zehn Regalböden mit 25 Meter Länge liegen 250 Drahtcoils in verschiedenen Stärken und Durchmessern.
Das Hochregallager ist ein weiterer Schritt in einer Reihe von Veränderungen bei Arconic. Erst Anfang November wurde das Unternehmen von Alcoa Fasteners in Arconic umbenannt. Die Produktionsfläche wurde in den letzten beiden Jahren um 500 Quadratmeter erweitert, die Büros auf Vordermann gebracht.
Für die Mitarbeiter in der ersten Etage gibt es jetzt einen 360-Grad-Panoramaraum, von dem man die gesamte Halle überblickt. Hier können sie vor allem Verbesserungsvorschläge einreichen und schauen, was schon umgesetzt wurde oder gerade umgesetzt wird. „Eigentlich weihen wir mit dem Hochregallager heute die ganze Firma ein“, sagt Geschäftsführer Jens Harde.
Dazu hat Arconic alle 300 Beschäftigten mit ihren Familien eingeladen. Auf dem Gelände steht ein riesiges Festzelt, an den seitlich aufgebauten Ständen warten Essen und Getränke auf die Gäste. Das Fest füllt sich. Die Erwachsenen plaudern bei einem Bier, die Kinder toben über die Hüpfburg. „Zeigen Sie Ihren Familien, was wir hier Tolles gemacht haben“, sagt Harde zur Begrüßung. „Das sind schließlich gigantische Veränderungen, und darauf können wir alle gemeinsam sehr stolz sein.“
Das bekräftigt auch Hildesheims Oberbürgermeister Ingo Meyer in seiner kleinen Rede, in der er Arconic zum Erreichten gratuliert. „Wahrscheinlich gibt es keinen Airbus auf der Welt, der nicht von Ihren Schrauben zusammengehalten wird.“
Wahrscheinlich nicht. Damit das auch so bleibt, hat die Firma nun also ihr gesamtes Profil optimiert. Allein das Hochregallager, über das die Drahtcoils wie auf einer Durchreiche direkt in die Produktion gefahren werden können, spart enormen Arbeitsaufwand.
Wie von selbst laufen die Teile nun durch eine Luke aufs Band
„Bislang lagerten die auf der anderen Straßenseite, und wir mussten jedes Coil einzeln rübertragen“, so Produktions-Teamleiter Mathias Handelmann. „Die wiegen bis zu 150 Kilo pro Stück.“ Nun wählt er einfach auf einem Display Material und Drahtstärke aus, eine Luke öffnet sich, und das gewünschte Coil liegt auf dem Band.
Mit einer Drahtcoil-Innenzange hebt Handelmann die Rolle problemlos an und transportiert sie an ihren Verarbeitungsort in der Halle. Dort werden daraus bis zu 80.000 Schrauben.
Azubi Tomke-Hendrik Neugebauer ist am Ende seiner kleinen Betriebsführung in der Qualitätssicherung angekommen. Hier werden die Schrauben ein letztes Mal geprüft: Welchem Druck, welcher Zugkraft halten sie stand? „Wenn eine Schraube reißt“, sagt Tomke, „klingt das wie ein Schuss aus einer Pistole.“ Dafür allerdings braucht es ein Vielfaches der Kräfte, die an einem Flugzeug in Wirklichkeit auftreten. „Wir sorgen schon für Sicherheit da oben am Himmel.“
Neugebauers größter Wunsch als Auszubildender ist, von Arconic übernommen zu werden. „Mein Job hier ist so abwechslungsreich, ich weiß nie genau, was mich am nächsten Tag erwartet.“
Fallen Maschinen aus, hat die Reparatur Priorität, aber auch in der Produktion hat er schon gearbeitet. „Wenn da jemand gebraucht wird, na klar, dann springe ich ein.“ So flexibel zu sein, ist wichtig, denn nur so kann sich die Herstellung immer wieder dem Markt anpassen.