Wittenberg. Das Tempo ist enorm, mit dem die Kartonbahn durch die Druckmaschine läuft. Trotzdem ist das Druckbild stets exakt dasselbe, alles leuchtet in satten Farben: So werden zum Beispiel Kakao-Kartons gedruckt.

„Das Tiefdruckverfahren erlaubt sechs Farben und sorgt für besonders kräftige Farbtöne“, sagt der angehende Drucker Christian Göthel. Er ist einer von 360 Mitarbeitern im Werk von SIG Combibloc in Wittenberg (Sachsen-Anhalt). Seit 1994 wird hier produziert, 2004 kam die zweite Fertigungsstraße dazu – heute gilt es, dem härter gewordenen Wettbewerb durch immer neue Verbesserungen und Flexibilität standzuhalten.

13 bis 15 Millionen aseptische Verpackungen für flüssige Lebensmittel produziert die Fabrik pro Tag: Da sind hohe Geschwindigkeit und gleichbleibende Qualität bei jedem Schritt ein Muss. „Das Zeitfenster ist schmal“, berichtet Werkleiter Detlef Kaase, „Fehler dürfen nicht passieren – sonst könnte die Produktion bei unserem Kunden ins Stocken geraten.“

Die Kosten steigen, die Preise eher nicht

Der zentrale Prozess beginnt in der Beschichtungsanlage. Kilometerlange Rohkartonbahnen auf tonnenschweren Rollen erhalten innen und außen Schutzschichten aus dem Kunststoff Polyethylen. Innen folgt dann eine Aluminiumschicht, die wiederum mit Polyethylen kaschiert wird.

„Der Kunststoff wirkt als Flüssigkeitsbarriere, das Aluminium sorgt für Aroma- und Lichtschutz“, erklärt Kaase. Nach der Beschichtung wird gedruckt, dann gestanzt, in einer weiteren Anlage werden die Zuschnitte zu oben und unten offenen „Mänteln“ geformt. Diese werden in Kartons verpackt an den Abfüller geliefert: Erst dort erhalten sie die endgültige Form, wie wir sie etwa aus dem Supermarkt kennen.

Kleine, mittlere und große Kartons, mit und ohne Drehverschluss, für Milch, Saft oder zum Beispiel auch passierte Tomaten produzieren die Wittenberger. Rund 3,5 Milliarden Stück im Jahr!

Die Abnehmer sitzen vor allem in Deutschland und Europa, aber auch in Asien, Nordamerika und Afrika. Grundvoraussetzung für diesen Erfolg, so der Werkleiter: „Qualität. Tempo. Flexibilität.“

Die aktuelle Herausforderung: „Wir müssen besser, schneller, kostengünstiger werden.“ Denn gerade in Europa stagniere der Markt, betont der Manager. Und der Wettbewerb habe sich verschärft – durch das Aufkommen der PET-Flasche und durch neue Konkurrenten. So hat der chinesische Hersteller Greatview vor drei Jahren im nur 50 Kilometer entfernten Halle ein Werk aus dem Boden gestampft.

Höhere Preise sind bei den Kunden also nur schwer durchzusetzen – während die Kosten etwa für Energie und Löhne laufend steigen. Möglicher Ausweg, so Kaase: „Wir müssen kleinere Losgrößen fertigen, mehr Service bieten und innovative neue Produkte.“ Das sind bei SIG Combibloc etwa die Kartonflasche („combidome“) oder ein alufreier Getränkekarton („ecoplus“). Der wurde 2014 entwickelt, verbessert unter dem Strich die CO2-Bilanz deutlich – und ist inzwischen schon in vielen Supermärkten zu finden.

Transportsysteme ersetzen Gabelstapler

Um die Arbeitsprozesse in Wittenberg weiter zu optimieren, wird investiert: Unter anderem sollen bis 2018 Gabelstapler in der Produktion durch autonome Transportsysteme ersetzt werden. Die betroffenen Mitarbeiter sollen dann nach Möglichkeit andere Aufgaben im Werk wahrnehmen können. „Dafür entwickeln wir derzeit Umschulungen und Weiterbildungsmöglichkeiten“, erklärt Kaase.

Bei allem Kostendruck soll Soziales in Wittenberg nicht zu kurz kommen. Das kann etwa Sandra Schulze bestätigen: Die Schichtarbeiterin durfte nach der Geburt ihres Kindes in die Qualitätskontrolle wechseln und kann dort jetzt Tagschicht arbeiten.

Jedes Jahr starten hier im Schnitt zehn Azubis, der Betrieb bildet über Bedarf aus.

„Die ständigen Veränderungen funktionieren nur mit einer aufgeschlossenen, engagierten Mannschaft“, weiß Werkleiter Kaase. Er sei stolz auf den Teamgeist in der Belegschaft. Seine Mitarbeiter sehen das offenbar ähnlich: „Die Fluktuation ist nahe null.“

Der Konzern ist ein Global Player

  • SIG Combibloc ist ein führender Hersteller von Kartonverpackungen und den passenden Füllmaschinen für Getränke und Lebensmittel.
  • Die Maschinen werden an zwei Standorten hergestellt: im deutschen Linnich (Nordrhein-Westfalen) sowie im chinesischen Suzhou.
  • Insgesamt beschäftigt der Konzern mehr als 5.000 Mitarbeiter in rund 40 Staaten, die im Jahr rund 1,7 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften.
  • Das Kürzel SIG steht für Schweizerische Industrie-Gesellschaft – ein Unternehmen mit langer Geschichte. Von 2007 bis 2015 gehörte SIG Combibloc einer neuseeländischen Holding, seitdem ist das Unternehmen im Besitz des kanadischen Finanzinvestors Onex.