Vreden. Weniger Kilo auf den Rippen, eine bessere Ausdauer, ein stärkeres Rückgrat: Patrick Röring weiß, wofür er sich im Fitnessstudio abstrampelt. „Man schläft auch ruhiger und wacht fitter auf“, sagt der 22-Jährige, bevor er zur nächsten Station wechselt, dem Rückenstrecker.

Der Mechatroniker arbeitet bei Schmitz Cargobull in Vreden im Schichtbetrieb. Der sportliche Typ ist Röring nicht: Seinen Feierabend würde er normalerweise auf der Couch verbringen. Aber das Fitnessstudio steht direkt vor seinem Werk, in einem umgebauten Lkw-Anhänger. 100 Mitarbeiter können hier jeden Tag trainieren, von morgens früh bis abends spät, in Jobkleidung und einige während der Arbeitszeit.

„Wenn der Mitarbeiter nicht zum Fitnesscenter kommt, dann kommt das Fitnesscenter zum Mitarbeiter“, lautet die Idee dahinter. Und weil auf dem Betriebsgelände von Europas führendem Lkw-Anhängerproduzenten Räume für ein eigenes Studio fehlen, bauten Azubis kurzerhand einen Truck um.

Das Beispiel aus dem Münsterland zeigt, dass es für die meisten Unternehmen längst selbstverständlich ist, sich intensiv um die Gesundheit der Mitarbeiter zu kümmern. Zwar werden die Ausgaben für Fitnessprogramme und die Prävention statistisch nicht exakt erfasst. Fest steht aber: Das Thema gewinnt zunehmend an Bedeutung. Laut einer Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) gestalten 57 Prozent der Betriebe ihre Arbeitsplätze nach ergonomischen Kriterien. 29 Prozent bieten ihrer Belegschaft eine Gesundheits-Beratung an, 26 Prozent Fitnesskurse.

Die Unternehmen holen sich dafür Profis ins Haus. So stellt ein Kooperationspartner für den Truck von Schmitz Cargobull die elektronisch gesteuerten Sportgeräte sowie die Trainer.

Der Aufwand lohnt sich für alle: Die Mitarbeiter werden fitter, und die Fehlzeiten sinken. Der für das mobile Fitnessstudio verantwortliche Sportwissenschaftler Christoph Jolk zitiert Untersuchungen der Krankenkassen, wonach die Hälfte der Deutschen an Rückenschmerzen leidet. Der Rücken verursacht 10 Prozent aller Krankheitstage. Und: Ab 50 Jahren steigt das Risiko für weitere Krankheiten wie Bluthochdruck und Diabetes, die am Ende zu Arbeitsunfähigkeit führen können. Bewegungsmangel ist dabei das Grundübel.

Zuerst mal kostenlos reinschnuppern

Der Truck ist Teil eines umfassenden Angebots im Vredener Werk mit rund 1.700 Mitarbeitern. „Wir haben hier auch Gruppen für Laufen, Tischtennis und Badminton“, erzählt Betriebsratsvorsitzender Manuel Terhürne.

Mit einem Trick hole man die Trägen von der Couch, sagt der Leiter des Gesundheitsmanagements, Martin Resing: „Unsere Bedingung ist, dass 80 Prozent eines Arbeitsteams dabei sein sollen. So ziehen die Sportskanonen die Passiven mit.“ Die ersten 14 halbstündigen Trainingseinheiten im Truck sind übrigens kostenlos; man wird dafür sogar freigestellt. Mehr als 900 „Schmitzianer“ haben das Angebot bislang genutzt.

Der Konstruktionsmechaniker Sven Schmitz kommt oft gemeinsam mit seiner Frau, die auch im Werk arbeitet: „Ich brauche halt jemanden, der mir in den Hintern tritt.“ Der 36-Jährige hatte sich die Zigarette in einem betrieblichen Nichtraucherkurs abgewöhnt. „Und dann gingen die Kilo hoch.“ An seinem Arbeitsplatz in der Montage muss er zudem oft über Kopf hantieren: Da bleiben Rückenschmerzen nicht aus. „Aber jetzt geht es mir besser.“

Er trainiert inzwischen für einen Halbmarathon. Und Patrick Röring stemmt weiterhin Gewichte.