Marktheidenfeld. Job und Familie unter einen Hut bringen: Damit das möglichst gut klappt, zeigen sich bayerische Metall- und Elektro-Unternehmen in aller Regel offen für persönliche Bedürfnisse der Mitarbeiter. Freiwillig – und zusätzlich zu den gesetzlichen oder tariflichen Vorgaben.

Der Sonnenschutztechnik-Spezialist Warema in Marktheidenfeld ist dafür ein Beispiel. „Wir haben etwa 200 unterschiedliche Teilzeitmodelle“, erklärt Angelique Renkhoff- Mücke, Chefin des Familienunternehmens mit mehr als 2.800 Beschäftigten. Und dank digitaler Technik können etliche Mitarbeiter Aufgaben auch zeitlich und örtlich flexibel erledigen, also zum Beispiel daheim.

Warema hat zudem sogenannte Lebensarbeitszeitkonten eingeführt: Die Kollegen können Arbeitszeit oder auch einen Teil des Entgelts ansparen, je nach individueller Vereinbarung. Das Guthaben kann man bei Bedarf in freie Zeit umwandeln: etwa, um die Eltern zu pflegen oder mal eine längere Auszeit vom Job zu nehmen, beispielsweise um sich fortzubilden oder für eine größere Reise.

Der jüngste Tarifabschluss hat deutlich mehr Spielraum gebracht

Grundsätzlich gilt, so Renkhoff-Mücke: „Neben der Flexibilität, die wir als Unternehmen brauchen, um auf die Marktanforderungen zu reagieren, und die sich teilweise auch die Mitarbeiter wünschen, braucht es zudem ein gewisses Maß an Beständigkeit und Planungssicherheit. Beide Aspekte stehen in einem Spannungsfeld zueinander. Mit unterschiedlichen Maßnahmen versuchen wir, dem gerecht zu werden und gleichermaßen Verbesserungen bei der Planbarkeit von Arbeit und Freizeit, der gerechten Verteilung von Belastungen und der persönlichen Flexibilität zu erreichen.“

Möglichst viel Flexibilität haben sich auch die Tarifpartner auf die Fahnen geschrieben: Der Tarifabschluss 2018 brachte ganz neue Möglichkeiten, die persönliche Arbeitszeit zu verringern oder zu erhöhen, natürlich gegen entsprechend weniger oder mehr Entgelt. Präzisere Regeln fürs mobile Arbeiten wurden ebenfalls in einem Tarifvertag festgelegt. Die Details hat aktiv Anfang des Jahres ja bereits ausführlich erklärt (PDF-Download zum Nachlesen: aktiv-online.de/tarif).

Etwas mehr Flexibilität – das wünschen sich die Betriebe endlich auch vom Gesetzgeber! „Unser althergebrachtes Arbeitszeitgesetz passt nicht mehr in die heutige Zeit“, betont Unternehmerin Renkhoff-Mücke.

Denn das deutsche Gesetz ist strenger, als es die EU-Arbeitszeitrichtlinie vorgibt. Deren großzügigerer Rahmen sollte auch in Deutschland ausgenutzt werden, fordern die Arbeitgeber. Das heißt zum einen, die Vorgabe einer täglichen Höchstarbeitszeit durch eine Obergrenze für die Wochenarbeitszeit zu ersetzen. Und es bedeutet zum anderen, die strenge Ruhezeitvorgabe von elf Stunden zu lockern.

Dabei geht es den Arbeitgebern ausdrücklich nicht etwa darum, das Arbeitszeitvolumen des einzelnen Mitarbeiters zu erhöhen – sondern darum, die Arbeitszeit insgesamt flexibler nutzen zu können. Das wäre durchaus auch im Sinne der Beschäftigten: Schon 2017 ergab eine Emnid-Umfrage, dass nur einer von vier Metallern ein Problem damit hätte, auch mal länger als zehn Stunden am Tag zu arbeiten.

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