München. Um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern, war unser Land über Wochen im Stillstand – ebenso wie zahlreiche andere Staaten weltweit. Auch viele Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektroindustrie konnten, wenn überhaupt, nur eingeschränkt produzieren. Jetzt kehren sie Schritt für Schritt zur Normalität zurück. Wie dies gelingen kann und wie die Betriebe die Krise bislang gemeistert haben, darüber hat aktiv mit Bertram Brossardt gesprochen, dem Hauptgeschäftsführer der bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbände bayme vbm.

Die Wirtschaft ist stark von der Krise betroffen. Welche Maßnahmen haben die Betriebe ergriffen?

Sie tun derzeit alles, um ihre Betriebe und damit auch die Arbeitsplätze für die Beschäftigten zu sichern. Sie nutzen einerseits die erweiterten Möglichkeiten der Kurzarbeit, um Jobs zu erhalten und nach der Krise möglichst schnell wieder loszulegen. Andererseits nutzen sie die staatlichen Hilfspakete, um liquide zu bleiben und so ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen zu können, die auch während eines Stillstandes weiterlaufen. Übrigens sind dafür viele Unternehmer auch privat ins Risiko gegangen und haben eigene Finanzmittel für ihre Betriebe zur Verfügung gestellt.

Inwiefern ist das bedeutsam?

Es zeigt, dass sich das Unternehmertum in Bayern durch viel Solidarität und Verantwortungsbewusstsein auszeichnet. Das Verständnis in den Betrieben für die krisenbedingten Herausforderungen der Mitarbeiter ist stark ausgeprägt.

Wird die Rezession Auswirkungen auf die Beschäftigten haben?

Eine möglichst hohe Beschäftigungssicherung hat oberste Priorität. Im Moment nutzen die Unternehmen sehr intensiv das Instrument der Kurzarbeit. Allerdings werden auch Jobs verloren gehen, und die Arbeitslosigkeit wird steigen. Das wird bis weit in das Jahr 2021 spürbar sein. Umso wichtiger ist es, jetzt die Unternehmen zu entlasten und Beschäftigungsimpulse zu setzen.

Zurück zum Thema Solidarität: Woran macht sich diese bemerkbar?

Für Eltern war es etwa eine Herausforderung, ihre Kinder zu Hause zu betreuen. Die Betriebe haben dort, wo es möglich ist, verstärkt Homeoffice eingesetzt und eine gute personalpolitische und arbeitsorganisatorische Balance gefunden, um sowohl den Betrieb aufrechtzuerhalten als auch den Notwendigkeiten der Mitarbeiter nach Kinderbetreuung gerecht zu werden.

Hat die Krise auch Einfluss auf die Produktionsprozesse?

Ja. Eine weitere wichtige Erkenntnis aus der Corona-Krise ist, dass die Betriebe ihre Produktionsprozesse verändern, auf neue Beschaffungs- und Vertriebswege setzen und ihre Kommunikationswege mit den Kunden verändern. Insbesondere wächst das Bewusstsein für Vernetzung, Virtualisierung und Datennutzung. Das führt auch zu Veränderungen in der Unternehmenskultur und des Wirtschaftens insgesamt. Meine Hoffnung ist, dass all diese positiven Erfahrungen auch in der Nach-Corona-Zeit weiterleben werden.

Haben wir die Corona-Krise denn jetzt hinter uns?

Gut ist, dass die Infektionszahlen zurückgegangen sind und dadurch Schritt für Schritt die Vorsichtsmaßnahmen gelockert werden können, auch im Hinblick auf die Wirtschaft. Allerdings wird der Aufholprozess schwierig und langwierig. Denn die Liefer- und Wertschöpfungsketten müssen erst stabil in Gang kommen. Die wirtschaftlichen Probleme werden uns sicher bis weit in das übernächste Jahr hinein begleiten.

Was brauchen die Betriebe, um diese Herausforderung zu meistern?

Wir brauchen eine fundamentale Neuausrichtung der Politik hin zu einer echten Standortpolitik, damit unsere Unternehmen international wettbewerbsfähig sind. Die Wirtschaft kann sich nur aus der Krise befreien, wenn sie nicht durch zusätzliche Kosten und Regulierungen gebremst wird. Leider haben gerade diese finanziellen und bürokratischen Belastungen in den letzten Jahren zugenommen, sodass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Unternehmen schon vor Corona eine Herausforderung darstellte. Dazu gehören etwa die hohen Energiepreise, aber genauso die noch nicht ausreichende Flexibilität beim Arbeitseinsatz.

Hilft das Konjunkturpaket der Bundesregierung dabei?

Ja. Mit der befristeten Mehrwertsteuersenkung und der Stärkung der öffentlichen Nachfrage werden Konjunkturimpulse gesetzt. Eine echte Hilfe sind auch die Überbrückungshilfen für wirtschaftlich in Schwierigkeiten steckende Betriebe. Das schafft zusätzliche Liquidität gerade für kleine und mittlere Unternehmen und sichert deren Überleben. Wir begrüßen auch, dass bis Ende 2021 die Sozialversicherungsbeiträge bei 40 Prozent gedeckelt werden. Das friert die Lohnzusatzkosten ein und sichert so die internationale Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe.