Wenn sich Sascha Thieße morgens mit seinem Fahrrad auf den Weg zur Arbeit macht, dann beginnt für ihn schon der Job. „Ich gehe meinen Tag gedanklich durch, und dafür eignet sich die Zehn-Kilometer-Tour hervorragend. Ich bin total frisch, wenn ich in der Fabrik ankomme“, erzählt er. Der Fertigungsleiter für den Bereich Komponentenfertigung der Komatsu Germany GmbH in Hannover ist seit fast 30 Jahren bei dem Baumaschinenhersteller beschäftigt und strotzt vor Zuversicht – trotz aktuell schwacher Auslastung. „Die Schwankungen kennen wir sehr gut. Wir bereiten uns auf die Zukunft vor“, sagt er.

In der Baukrise wird halt weniger investiert

Gute Zeiten, schlechte Zeiten – hört sich an wie eine TV-Soap, ist für den Baumaschinenhersteller aber gelebte Realität. In den vergangenen Jahren hat sich das Unternehmen prächtig entwickelt, obwohl es auch immer wieder mal Krisen gab. Auftragsrückgänge bis zu 50 Prozent mussten ebenso verkraftet werden wie eine sprunghaft anziehende Nachfrage. In der aktuellen Baukrise nutzen die Kunden ihre Fahrzeugflotte länger als gewöhnlich und schieben Anschaffungen auf. Doch irgendwann, so die Erfahrung der Hannoveraner, muss dann doch wieder investiert werden.

Sascha Thieße wirkt locker und entspannt, wenn er sagt: „Zurzeit haben wir hier Kurzarbeit. Das gibt uns Gelegenheit, durchzuatmen und die nächsten wichtigen Schritte zu planen.“ Mit 16 Jahren hat er bei Komatsu seine Ausbildung zum Konstruktionsmechaniker begonnen. Nach Feierabend machte er anschließend in der Abendschule eine Weiterbildung zum Techniker und technischen Betriebswirt. Thieße ist 46 Jahre alt. Am Ärmel seiner Arbeitsjacke prangt das Logo „Ersthelfer“.

„Unsere Mitarbeiter haben die Komatsu-DNA verinnerlicht"

Geschäftsführer Ingo Büscher

Er gibt offen zu: „Hier im Werk habe ich viel Lebenszeit verbracht. Ich kenne die Abläufe und Prozesse sehr gut.“ Stolz schwingt mit, wenn er vom technisch hohen Niveau der Fertigung spricht.

Was genau dahintersteckt, erklärt Geschäftsführer Ingo Büscher (50). In den vergangenen fünf Jahren habe das Unternehmen immer wieder kräftig und strategisch investiert, erzählt er. Seit rund vier Jahren werde papierlos produziert, sämtliche Prozesse seien digitalisiert worden, von der Entwicklung bis zur Produktion, so Büscher. „Wir müssen unseren Facharbeitern alle wichtigen Informationen an den Arbeitsplatz liefern. Da hilft uns die Digitalisierung.“ Weltweit könne der Standort in Hannover mit anderen Werken innerhalb des Konzerns mithalten. „Wir können sehr selbstbewusst sein.“

Komatsu hat das Ziel, dass die Baumaschinen-Händler so gut wie keinen Lagerbestand haben sollen. „Die Digitalisierung befähigt uns zu Lieferzeiten von vier Wochen, bei speziellen Kundenwünschen eher sechs Wochen“, sagt Büscher.

Standort Hannover ist fit für die Zukunft

Sieben Werke hat der japanische Komatsu-Konzern in Europa. Deutschland sei der größte Markt für Radlager und Mobilbagger auf dem Kontinent. „Deshalb sind wir hier, nicht, weil wir billiger wären, sondern wegen der Kundennähe“, so Büscher. Europaweit sei der Marktanteil der hannoverschen Fahrzeuge seit 2020 kräftig gesteigert worden. Kurze Wege, Termintreue, Lieferkettensicherheit – das sind die Vorteile, die den Standort Hannover für die Zukunft sicher machen.

Und Büscher betont, was das Fundament dieses Erfolgs ist: „Unsere Mitarbeiter sind das A und O. Sie haben die Komatsu-DNA verinnerlicht. Das leben wir auch unseren Auszubildenden jeden Tag vor.“

    Sicherheit, Qualität, Service, Kosten – diese Begriffe machen die Konzern-Philosophie aus. „Wenn der Kunde dringend unsere Hilfe benötigt, dann helfen wir sofort und nehmen selbst wirtschaftlichen Schaden in Kauf“, sagt Büscher.

    Er hat in einem dualen Studium Werkzeugmechaniker gelernt und in Osnabrück Maschinenbau studiert. „Mich hat der japanische Mythos gereizt. Ich wollte wissen, wie schaffen die Japaner die Nullfehlerkultur? Die Liebe zum Detail finde ich faszinierend. Deshalb bin ich zu Komatsu gegangen.“ Anfangs arbeitete er in einem Büro in der Fertigung. Seit 2020 ist er Geschäftsführer und ins nagelneue Verwaltungsgebäude umgezogen. Doch die Nähe zu den Facharbeitern ist geblieben. „Die Sorgen und Nöte zu kennen und die Arbeitsbedingungen zu verbessern, liegt mir am Herzen“, sagt Büscher.

    Und er weiß, dass nichts motivierender ist, als Teams Eigenverantwortung zu überlassen. „Durch die Digitalisierung können unsere Mitarbeiter vor Ort selbst Entscheidungen treffen“, sagt der Geschäftsführer. „Das macht unsere Fabrik schneller und besser.“

    Aufstieg vom Azubi zum Industriemeister

    Büscher sucht, so oft es geht, den Kontakt zur Fertigung. Beim Gang durch die historischen Hallen ist Dennis Baal gerade dabei, eine rund zwei Tonnen schwere Achse für einen Radlader zu montieren. Der 34-jährige Fertigungsmechaniker war noch ein Kind, als seine Eltern aus Russland nach Hannover kamen. Auch er hat wie viele seiner Kollegen bei Komatsu eine Ausbildung gemacht. Inzwischen hat er eine Weiterbildung zum Industriemeister gemacht und leitet ein Team von vier Mitarbeitern. Früh habe man ihm Verantwortung übergeben, sagt der zweifache Familienvater: „Ich bin hier genau richtig.“

    Das Unternehmen Komatsu

    • Die Komatsu Germany GmbH ist vielen Hannoveranern noch immer als die Hanomag bekannt und gehört seit 1835 zu den traditionsreichsten Arbeitgebern der Stadt.
    • Auf dem 200.000 Quadratmeter großen Werkgelände werden Radlader von 55 bis 531 PS und Mobilbagger von 14 bis 22 Tonnen entwickelt, produziert und vertrieben.
    • Am Standort in Hannover ist auch die Europazentrale des Konzerns ansässig. Insgesamt arbeiten hier rund 1.000 Mitarbeiter.
    Werner Fricke
    Autor

    Werner Fricke kennt die niedersächsische Metall- und Elektro-Industrie aus dem Effeff. Denn nach seiner Tätigkeit als Journalist in Hannover wechselte er als Leiter der Geschäftsstelle zum Arbeitgeberverband NiedersachsenMetall. So schreibt er für aktiv über norddeutsche Betriebe und deren Mitarbeiter. Als Fan von Hannover 96 erlebt er in seiner Freizeit Höhen und Tiefen.

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