Zielsicher greift der gelbe Roboterarm in die hölzerne Kiste am Boden und schnappt sich einen hühnereigroßen Rohling aus Stahl. Dann schwenkt er hoch und platziert das Metallstück zielsicher in der Drehmaschine. Nun kann es losgehen. Aus dem Rohling soll einmal eine Ventileinheit für einen Motor werden.
„Ohne Automatisierung hätten wir die großen Aufträge nicht mehr“, erklärt Tobias Kärtner (31), der gerade dabei ist, den neuen Prozess fest in der Produktion des Metallunternehmens Müller Präzision zu etablieren. Der gelernte Mechatroniker leitet das zehnköpfige Automatisierungs-Team des Mittelständlers in Cham in der Oberpfalz. Es soll maßgeblich dazu beitragen, die Zukunft des Unternehmens zu sichern.
Damit das Team erfolgreich ist, muss jeder Mitarbeiter seine Stärken einbringen
Kärtner ist seit 2009 in der Firma, bei der sich fast alles ums Drehen, Fräsen, Härten, Schleifen und Montieren dreht. Damals bewarb er sich mitten in einer großen Wirtschaftskrise für eine Ausbildung als Zerspanungsmechaniker und unterschrieb dann als Mechatroniker – ohne genau zu wissen, was ihn da erwartet. „Heute weiß ich, dass es das Beste war, was mir passieren konnte.“
In die Führungsrolle, die er heute innehat, wuchs er rasch hinein und machte auch schnell seinen Meister. Das Team, das er heute leitet, hat er von Anfang an mit aufgebaut. „Jeder von uns hat seinen eigenen Bereich, bringt sein Fachwissen ein“, erzählt Kärtner. „Aber erfolgreich sind wir nur zusammen.“ Kärtner etwa sieht seine Stärken bei Fragen zur Konstruktion und in seiner Kreativität. Wenn es ums Programmieren oder Fragen der Elektrik geht, vertraut er lieber auf Kollegen.
Der Robotik-Fachmann schätzt die Freiheit, das eigenständige und kreative Arbeiten, das ihm sein Job bietet. „Ich soll ein Problem lösen – wie, ist eigentlich egal“, sagt er. Zudem spüre er auch eine gewisse Anerkennung für das, was seine Abteilung leiste. „Wir habe die volle Rückendeckung, das Vertrauen der Unternehmensführung.“
Die Automatisierung gilt für Müller Präzision als ein Schlüssel, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Dabei geht es – na klar – vor allem um Kosten. Aber auch um die Qualitätssicherung. „Wer müde ist, macht beim Arbeiten Fehler“, sagt Geschäftsführer Karl Macharowsky. Und ein Roboter werde nun mal nie müde. „Zugleich entlasten die Roboter unsere Mitarbeiter von monotonen Tätigkeiten und erhöhen die Produktivität“, sagt der Firmenchef.
Der Wandel gehört für die Firma seit Jahren zum Alltag
Die Automatisierung ist nur eine Facette des Wandels, den der einstige Auftragsdienstleister Müller Präzision, der jüngst sein 50-jähriges Bestehen am Standort Cham gefeiert hat, seit Jahren bewältigt. Denn viel stärker als früher ist der Mittelständler mit 550 Beschäftigten mittlerweile an der Entwicklung von Produktionsprozessen beteiligt. Er nutzt dabei auch neue Verfahren und Werkstoffe und erfüllt immer höhere Anforderungen – zum Beispiel das Montieren im Reinraum.
Maximal ein Drittel der Aufträge kommt aus der Automobil-Industrie. Mehr soll es auch in Zukunft nicht sein, damit das Unternehmen möglichst breit aufgestellt bleibt. „Das macht uns unabhängiger von branchenspezifischen Konjunkturzyklen“, erklärte Macharowsky. „Denn irgendwas läuft eigentlich immer.“
Nachgefragt
Tobias Kärtners, Mechatroniker bei Müller Präzision.
Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?
Ich wollte in einem technischen Beruf arbeiten. Eigentlich war Zerspanungsmechaniker zunächst mein Ziel.
Was reizt Sie am meisten?
In der Robotik passiert viel, wir erleben einen starken Wandel. Das ist spannend! Zudem muss ich immer neue Probleme lösen. Das macht die Arbeit komplex und abwechslungsreich.
Worauf kommt es an?
Man muss teamfähig und hartnäckig sein. Erfolg hat nur, wer lange genug an einem Problem dranbleibt.
Michael Stark schreibt aus der Münchner aktiv-Redaktion vor allem über Betriebe und Themen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Darüber hinaus beschäftigt sich der Volkswirt immer wieder mit wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen. Das journalistische Handwerk lernte der gebürtige Hesse als Volontär bei der Mediengruppe Münchner Merkur/tz. An Wochenenden trifft man den Wahl-Landshuter regelmäßig im Eisstadion.
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