Schule und Betrieb sind verschiedene Welten, der Switch vom Klassenzimmer ins Unternehmen ein großer Schritt. Marion Huber weiß das, sie ist Ausbildungsleiterin für kaufmännische und IT-Berufe beim Hydraulik-Komponenten-Hersteller HAWE in Aschheim. aktiv verrät sie, was die Firma von Azubis erwartet und wie sie ihnen beim Ankommen hilft .
Frau Huber, die erste Regel für die Neuen?
Mit Ausbildungsstart muss klar sein, dass jetzt ein neuer Abschnitt beginnt. Das heißt erst mal: Handy weg und Ohrstöpsel raus. Auch wenn beides an vielen Schulen toleriert wird. Das eigene Smartphone gehört nicht zu den Werkzeugen im Betrieb, das sagen wir gleich zu Beginn. In der Produktion ist Fotografieren und Filmen sowieso nicht erlaubt. Auch am Büroarbeitsplatz kommen private Geräte nur in der Pause auf den Tisch.
Was vermitteln Sie noch?
Wir beginnen mit Grundlagen für gute Kommunikation. Wie melde ich mich höflich am Telefon und bringe mein Anliegen vor? Wie schreibe ich professionelle E-Mails und Nachrichten in beruflichen Chats – ohne den typischen Whatsapp-Slang, der in der Freizeit verwendet wird?
Das kann man aber sicher alles lernen, oder?
Dafür sind wir ja da. Es gibt Vorlagen für alles, die Kolleginnen und Kollegen helfen bei den ersten Schritten. Oft geht es um vermeintlich einfache Dinge, wie man im fachlichen Rahmen ein Gespräch beginnt oder jemanden anspricht, den man nicht persönlich kennt. Wir haben festgestellt, dass gerade das vielen schwerfällt.
Wie können Sie da unterstützen?
Wir nehmen uns Zeit und reden und erklären ganz, ganz viel. In eigenen Projekten können sich die Azubis zudem ausprobieren. Etwa mit „Free Nature“, unserem Nachhaltigkeitsprojekt. Da können sie den Vorstand interviewen oder auch mal einen Beitrag zum plastikfreien Einkauf drehen. Die Auszubildenden leiten auch unseren Firmen-Shop. Sie wählen die Artikel aus, holen Angebote ein, sprechen mit dem Einkauf. Dabei lernen sie, Dinge selbstständig zu organisieren und wie Teamarbeit funktioniert.
Worauf legt HAWE besonders Wert?
Wir haben hier ein familiäres Flair. Wir stehen für respektvolles, kollegiales Miteinander. Ehrlichkeit, Verantwortungsbewusstsein und Vertrauen sind ebenso zentral. Hier setzen wir an. Denn aus unseren Azubis sollen nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte, sondern zuverlässige HAWElerinnen und HAWEler werden, mit denen jeder gern zusammenarbeiten möchte.
Als Starthilfe gibt es einen Knigge-Kurs …
Ja, den haben wir vor zwei Jahren eingeführt, weil wir gemerkt haben, dass der ganze Austausch zwischen den jungen Menschen massiv abgenommen hat. Das mögen Nachwirkungen der Pandemie sein. Viele haben ihren Schulabschluss während Corona gemacht, mit viel digitalem, aber wenig echtem Kontakt nach draußen.
Was lernt man noch so im Kurs?
Es geht um Regeln, die für die Arbeit wichtig sind, und um gutes Benehmen im Betrieb. Wir haben zum Beispiel schöne Bänkchen im Freien. Nicht jeder weiß, dass man sich da nicht bauchfrei oder ohne T-Shirt sonnen sollte. Oder dass man nicht wie zu Schulzeiten einfach sagen kann „Tschüss, ich geh dann mal“, wenn man keine Lust mehr hat.
Wie finden Ihre Azubis die Regeln?
Klingt alles hart, hilft ihnen aber für später. Knigge finden manche zuerst eher doof, weil sie denken, sie brauchen das nicht. Doch spätestens wenn wir mit Rollenspielen beginnen, finden sie es ganz hilfreich und sogar witzig.
Worin sind junge Leute besser?
Sie haben insgesamt ein gesünderes Verhältnis zur Arbeit. Das ist jetzt überhaupt nicht negativ gemeint. Es fehlt ihnen nicht an Engagement. Aber sie schaffen es einfach besser, Berufliches und Privates lebensverträglicher zusammenzubringen. Davon könnten wir Älteren mitunter noch was lernen.

Friederike Storz berichtet für aktiv aus München über Unternehmen der bayerischen Metall- und Elektro-Industrie. Die ausgebildete Redakteurin hat nach dem Volontariat Wirtschaftsgeografie studiert und kam vom „Berliner Tagesspiegel“ und „Handelsblatt“ zu aktiv. Sie begeistert sich für Natur und Technik, Nachhaltigkeit sowie gesellschaftspolitische Themen. Privat liebt sie Veggie-Küche und Outdoor-Abenteuer in Bergstiefeln, Kletterschuhen oder auf Tourenski.
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