Balve. Schmucke Fachwerkhäuschen, idyllisches Schloss, eine urige Veranstaltungs-Höhle – Balve ist klein und überaus lebens- und liebenswert. „Nur der Nabel der Welt ist es halt nicht“, sagt Christiane Schulz und deutet damit an, dass der Ort bei Fachkräften nicht unbedingt ganz oben auf der Wunschliste steht und ihre Firma Rickmeier nicht zu den bekanntesten gehört.
Daran ändert auch nichts, dass die Produkte aus dem Familienunternehmen auf Ozeandampfern übers Meer schippern und in Chemieanlagen, Kraftwerken, Windrädern und Lokomotiven weltweit ihren Dienst tun. Die Zahnradpumpen und Ventile aus Balve sorgen in Motoren und Getrieben dafür, dass Schmiermittel und Kraftstoffe dahin kommen, wo sie hin sollen.
Und jetzt verschärft der demografische Wandel das FachkräfteäProblem noch. Deshalb sind die Chefin und ihr Team immer wieder und auf immer neuen Wegen unterwegs, um den Nachwuchs für den 230-Mann-Betrieb zu interessieren. Sie begeistern am Stöbertag Drittklässler mit dem Bau eines Solar-Racers, holen am Girls’ Day Mädchen und bei der Berufsfelderkundung Achtklässler in den Betrieb. Schicken die Azubis auf die Ausbildungsmessen der Region und als Experten in die Schule, wo sie praxisnahe Mathe- und Physikstunden geben. „Wenn sie den fast Gleichaltrigen erklären, dass man den Satz des Pythagoras braucht, um ein Werkstück zu berechnen, wirkt das“, sagt Ausbildungsleiter Michael Volmer.
Der erste firmeneigene Tag der Ausbildung war ein Volltreffer
Ein Volltreffer war die jüngste Aktion. 100 Jugendliche und Eltern kamen zum ersten firmeneigenen Tag der Ausbildung, an einem Samstagvormittag. Danach erhielt Rickmeier doppelt so viele Bewerbungen für ein Praktikum wie sonst.
Von den Praktikanten bleiben immer welche hängen – wie Matthis Hartmann. Jetzt steht er am Schraubstock und feilt. Vier Azubis nimmt Rickmeier im Schnitt pro Jahr auf, insgesamt 14 gewerblich-technische Lehrlinge sind es derzeit. Ihnen steht eine Ausbildungswerkstatt zur Verfügung, ausgestattet mit modernen CNC-Maschinen.
Gegen Ende der Ausbildung sind sie so fit, dass sie auch schon mal sechs Wochen an ihren (wahrscheinlich) späteren Arbeitsplatz wechseln. Wie Svenja Ast. Das einzige Mädchen im Azubi-Team konnte sich keine Bürotätigkeit vorstellen, „wollte etwas Handfestes machen“.
Kollege Lennard Stüken, ebenfalls im vierten Ausbildungsjahr, schätzt das selbstständige Arbeiten, bei dem er die CNC-Maschine programmieren, einrichten und steuern kann. Beide werden ihre anstehenden Prüfungen vermutlich ebenso gut absolvieren wie ihre Vorgänger.
Und damit rechnen sich die zeitlichen und finanziellen Investitionen in den Nachwuchs am Ende doch, auch wenn Christiane Schulz klar sagt, dass man die Kosten nicht hart dagegenstellen dürfe. „Aber wenn man sieht, wie auch schwächere Schüler aufblühen und der ein oder andere hierbleibt, dann lohnt es sich.“